§ 5 Das Recht, Aemter, Titel und Ehren zu verleihen. 489
liegt daher der Abänderung nur durch Gesetz. Eine Abänderung der
Bestimmungen der Kreisordnung über die Zuständigkeit der Amts-
vorsteher kann nur durch Gesetz erfolgen, obgleich kein Verfassungs-
artikel die Organisation der Amtsbezirke der Gesetzgebung vorbehält.
Hat dagegen ein Gesetz einen ganz anderen Inhalt als die Organi-
sation von Behörden, handelt es sich z. B. um ein Eisenbahn= oder
Berggesetz, welches gewisse Obliegenheiten einem bestimmten Minister
überweist, so ist es einzig als Absicht des Gesetzgebers anzusehen, daß
diese Aufgaben dem betreffenden Ressortchef zustehen sollen. Unzulässig
würde daher die Uebertragung dieser Befugnisse im Verordnungswege
an eine Provinzialbehörde oder einen anderen Minister, der nicht
Ressortchef ist, z. B. den Kriegs= oder Kultusminister, sein. Geht dagegen
die oberste Verwaltung der Eisenbahnen an einen anderen Minister
über, so ist die Mitübertragung der gesetzlichen Befugnisse an diesen
Minister als Wille des Gesetzgebers anzusehen. Es bedarf hierzu keines
neuen Gesetzes, man kommt zu diesem Ergebnisse auf dem Wege der
Auslegung des augenscheinlichen Willens des Gesetzgeberst?). Trotz-
dem ist es üblich, in diesen Fällen die Uebertragung der Zustän-
digkeiten durch ein besonderes Gesetz auszusprechen.
Von der Behördenorganisation wesentlich verschieden ist die Befug-
nis des Königs, alle Stellen des Staatsdienstes zu besetzen, soweit
nicht das Gesetz ein anderes verordnet (Art. 47 V.--U.). Die Ernen-
nung der Beamten zu bestimmten Aemtern ist keine Organisation dieser
Acmter, setzt sie vielmehr voraus. Die Ernennung ist also eine
besondere, von der Organisation verschiedene Regierungshandlung.
8 70. Das Recht, Aemter, Titel und Ehren zu verleihent).
1. Aemterverleihung. Wenn ein Amt oder eine Behörde
organisiert ist, können die Beamten zur Verwaltung des Amtes er-
nannt werden. Die Personen zu bestimmen, welche als Organe des
17) Die Frage kam zur Erörterung im preußischen Abgeordneten-
hause 1878 gelegentlich der beabsichtigten Aenderungen der Ministerial-
ressorts. Die Verwirrung der staatsrechtlichen Begriffe auf allen Seiten
des Hauses gab damals die Veraulassung zu der Gneistschen Schrift
„Geseb und Budget“. Vgl. daselbst S. 70 ff. die vortrefflichen Aus-
führungen über die Bedentung der gesetzlichen Uebertragung von Funk-
tionen an einzelne Minister, wo der Verfasser auf Grund eines um-
fassenden Materials aus der preußischen, französisch-belgischen und eng-
lischen Praxis zu demselben Ergebnisse kommt, wie oben der Text.
1) Vgl. v. Rönne, Pr. St.-R., Bd. 1, S. 431.