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Es handelt sich vielmehr um ein materielles Regierungsrecht, das
für die Betätigung der Staatsgewalt unentbehrlich ist. Das zeigt
sich unter der Regentschaft. Die bloßen Ehrenrechte bleiben dem
regierungsunfähigen Könige. Die Befugnis zur Verleihung von Aus—
zeichnungen geht als Regierungsrecht der Ausübung nach auf den
Regenten über.
Bestritten ist es, ob der König verliehene Titel und Auszeich-
nungen wieder zurücknehmen kann:?"). Dabei sind verschiedene Fälle
zu unterscheiden.
Die Amtsbezeichnung ist der Ausfluß der Bekleidung eines Amtes.
Dieses wie die Beamteneigenschaft kann nur unter den gesetzlichen
Voraussetzungen durch straf= oder disziplinargerichtliches Urteil ent-
zogen werden. Damit ist auch eine anderweite Entziehung des Amts-
titels als ausgeschlossen zu betrachten. Dasselbe gilt analog von dem
Charakter, der einem Teile einer Beamtenklasse beigelegt wird. Er
ist der höhere Amtstitel und daher auch nur mit der Beamten-
eigenschaft entziehbar.
Der Adel, auch wenn er ein verliehener ist, muß gleichfalls als
unentziehbar betrachtet werden. Denn das Adelsprädikat ist nach der
einen Seile Beslandteil des Namens wenn auch nicht nur dieses —
und damit ein Privatrecht. Wenn wegen dieser seiner Namenseigen-
schaft der Adel nicht einmal durch Verbrechen verloren geht, so kann
er erst recht nicht anderweitig entzogen werden.
Titel als Prädikate, Orden und sonstige Auszeichnungen konnte
der absolute Monarch willkürlich entziehen, wie er auch die Beamten
nach Belieben entlassen konnte. Hinsichtlich der Orden ist dies in
dem Edikte vom 18. Jannar 1810 ausdrücklich ausgesprochen. Hin-
sichtlich der Beamtenentlassung und damit der Entziehung der Amts-
titel ist der Monarch jetzt beschränkt, im übrigen ist ihm sein Recht
verblieben. Wenn Titel und Orden durch strafrichterliches Urteil ver-
:4) Dasür Braun, Die Zurückziehung von Titeln, Orden und
Ehrenzeichen nach dem Verwaltungsrecht Preußens im Archiv für össenl-
liches Recht Bd. 16 (1901), S. 528 ff.; Hubrich, Die Entziehung ver-
liehener Ehrentitel in Preußen a. a. O. Bd. 22 (1907), S. 327 ff. vom
Privilegienstandpunkte mit Einschränkungen; dagegen Labanud, Das
Recht der Titel in der Deutschen Juristenzeitung 1907, S. 201; v. Mar-
1 tz, Der staatlich verliehene Ehrentitel (in der Festgabe für Gierke),
Breslau 1910.