Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 76 Das Recht der Oberaussicht. 501 
der Erhaltung der allgemeinen Ruhe, Sicherheit und Ordnung. Die 
Aufsichtstätigkeit darf daher nicht weiter gehen, als die Erreichung 
dieser Zwecke erfordert. 
Die Oberaufsicht besteht in der Feststellung der Tatsache, ob die 
Zustände, deren Erhaltung oder Herstellung die Oberaufsicht sichern 
soll, vorhanden sind. Diese Tätigkeit vollzieht sich von seiten des Be- 
aufsichtigenden in dem Verlangen nach einem Berichte über diese 
Zustände und in der Kenntnisnahme von diesem Berichte, von seiten des 
Beaufsichtigten in der Berichterstattung nötigenfalls unter Vorlegung 
der Beweismittel. Die staatliche Herrschertätigkeit kommt zum Aus- 
drucke in dem Befehle an die der Oberaufsicht unterworfenen Gesell- 
schaften und Anstalten, dem Könige über ihre Verhältnisse Auskunft 
zu geben. Dieser Befehl ist eine tatsächliche Anordnung, zu deren 
Befolgung nötigenfalls durch Zwangsmittel genötigt wird. Die Bericht- 
erstattung und die Kenntnisnahme von den Berichten ist dagegen eben- 
sowenig eine staatliche Herrschaftshandlung wie das Schreiben und 
Lesen irgend eines Briefes. Es ist ein rein außerhalb der rechtlichen 
Sphärc liegender Vorgang im Staatsleben, der sich jeder juristischen 
Erörterung entzieht. Die Oberaufsicht ist also ihrem rechtlichen Wesen 
nach die Befugnis zum Erlasse tatsächlicher Anordnungen, welche ge- 
wisse Gesellschaften und Anstalten zur Berichterstattung an den König 
über ihre Verhältnisse nötigen. 
Nachdem der durch die tatsächliche Anordnung bezweckte Zustand, 
nämlich das Vorliegen eines genügenden Berichtes, hergestellt ist, so 
erscheint damit diejenige Regierungstätigkeit des Königs, welche man 
als Oberaufsicht bezeichnet, erschöpft. Wenn zur Erreichung der all- 
gemeinen Ruhe, Sicherheit und Ordnung noch weitere Maßregeln 
erforderlich sind, so liegt die Befugnis, diese zu treffen, nicht in dem 
Rechte der Oberaufsicht. Die Oberaufsicht beschränkt sich auf die Her- 
beischaffung einer Ermittlung darüber, ob ein gewisser Zustand vor- 
handen ist, sie erstreckt sich nicht auf die Herstellung dieses Zustandes, 
falls er nicht vorhanden ist. Zur Herstellung des erforderten Zustandes 
können verschiedene Maßregeln erforderlich sein, Regierungsakte jeder 
Art, wie Rechtsverordnungen, weitere tatsächliche Anordnungen, Aus- 
führungsverordnungen, neue Behördenorganisationen, aber auch Akte 
der Gesetzgebung. Jedenfalls liegen alle diese Maßregeln außerhalb 
des Bereiches des Oberaussichtsrechtes.
	        
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