8 81 Königliche Verordnungen mit Gesetzeskraft. 545
zeichnung anderer, da niemand für die Handlungen oder Unter-
lassungen eines anderen verantwortlich gemacht werden kann. Irgend
welche Rechtswirkungen knüpfen sich also an die Gegenzeichnung oder
Nichtgegenzeichnung durch das gesamte Staatsministerium nicht. Die
Vorschrift ist somit eine rein instruktionelleis).
Die Verordnungen mit Gesetzeskraft sind den beiden Häusern
des Landtages bei ihrem nächsten Zusammentritte zur Genehmigung
vorzulegen. Erteilt der Landtag zu der Verordnung seine Genehmigung,
ohne eine Aenderung daran vorzunehmen, so ist die Willensüberein-
stimmung des Königs und des Landtages vorhanden, wie bei einer
beliebigen anderen Gesetzesvorlage. Die Verordnung bedarf jedoch in
diesem Falle keiner königlichen Sanktion und keiner Verkündigung
mehr, da diese Akte bereits antezipiert sind. Durch die Genehmigung
des Landtages wird also die Notverordnung, welche zunächst nur
provisorische Gesetzeskraft hatte, ein förmliches Gesetz mit unbedingter
Geltung. Daß die Tatsache der Genehmigung besonders verkündet
wird, ist nicht erforderlich, da über die Rechtsverbindlichkeit der Ver-
ordnung allein die Publikation entscheidet, diese aber bei Erlaß der
Verordnung erfolgt ist. Gleichwohl ist die Publikation der erfolgten
Zustimmung des Landtages üblicht#).
Dagegen enthält die Verfassungsurkunde keine Bestimmung dar-
über, welches die Rechtsfolgen sind, wenn die Verordnung nur mit
Aenderungen oder gar nicht vom Landtage genehmigt wird. Es sind
hier zwei Fragen unabweisbar, einmal: Tritt die Verordnung mit der
Versagung der Genehmigung von selbst außer Kraft, oder bedarf es
dazu noch eines besonderen Rechtsaktes?" und ferner: Ist der Ver-
sagung der Genehmigung eine rückwirkende Kraft zuzuschreiben?
Art. 106 der Verfassungsurkunde stellt den Grundsatz auf, daß
Gesetze und Verordnungen verbindlich werden durch die in gesetzlicher
Form erfolgte Verkündigung, daß dagegen die Prüfung der Rechts-
gültigkeit gehörig verkündeter königlichen Verordnungen nicht den
Behörden, sondern nur den beiden Häusern des Landtages zusteht.
Ist also die Notverordnung gehörig verkündet, so haben sich die Be-
12) Glatzer a. a. O. S. 47 findet meine Ausführungen sehr un-
klar. Das ist rein subjektiv.
13) Vgl. z. B. G.-S. 1850, S. 5, 7, 8, 16, 43, 44, 67; G.-S. 1851,
S. 36, 180; G.-S. 1883, S. 35.
Borndak, Dreußisches Staatsrecht. I. 2. Kull. 35