Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

548 Das Verfassungsrecht. 8 82 
Verordnungen den Provinzialbehörden und von diesen den Steuer- 
räten für die Städte, den Landräten für das flache Land zur Ver- 
kündigung zugesandt. Auf den Dörfern war je ein Exemplar anzu- 
schlagen und ein zweites von der Kanzel zu verlesen. Gewisse wich- 
tigere Edilte mußten von Zeit zu Zeit wiederholt von neuem zur 
Erinnerung vorgelesen werden. Diese Verkündigungsform bestand bis 
zum Erlasse des A. L.-R. Letzteres bestimmte, Einl. § 11, daß alle 
gesetzlichen Verordnungen ihrem völligen Inhalte nach an den ge- 
wöhnlichen Orten öffentlich anzuschlagen und im Auszuge in den 
Intelligenzblättern der Provinz, für welche sie gegeben seien, bekannt 
gemacht werden müßten. Diese Verkündigung begründete die Ver- 
mutung der Kenntnis des Gesetzes, wogegen der Einwand der Nicht- 
kenntnis nicht zugelassen wurde (8 12 a. a. O.). 
Neue Verkündigungsformen traten ein seit 1810. Nach der Ver- 
ordnung vom 27. Oktober 18102) wurden alle Gesetze und Verord- 
nungen, welche mehr als ein einzelnes Regierungsdepartement betrafen, 
durch die Gesetzsammlung bekannt gemacht. Durch die Verordnung 
vom 28. März 18113) wurden Departementsamtsblätter begründet 
zur Verkündigung der das Departement allein betreffenden Anord- 
nungen. Außerdem sollten aber durch die Amtsblätter auch die in der 
Gesetzsammlung enthaltenen Gesetze nach Titel, Datum und Nummer 
bekannt gemacht werden, und erst dadurch die Verkündigung als ge- 
hörig geschehen gelten, sofern nicht an dem betreffenden Orte die 
Gesetzsammlung erweislich schon vorher bekannt wart). Der Zeit- 
punkt der Verbindlichkeit richtete sich, sofern das Gesetz selbst nichts 
darüber bestimmte, nach der Zeit des Bekanntwerdens. Dieses wurde 
aber vermutet acht Tage nach dem Erscheinen des Amtsblattes. 
Das Gesetz vom 3. April 1816 betreffend die Publikation der 
Gesetzeb) gab die Verkündigungsform durch das Amtsblatt auf und 
2) G.-S. 1810, S. 1. 
5) G.-S. 1811, S. 165. 
4) Vgl. dazu die Allerhöchste Kabinettsorder vom 24. Juli 1826, 
betreffend die öffentliche Gültigkeit der ausschließlich durch die Amts- 
blätter bekannt gemachten Gesetze (G.-S. 1826, S. 73). Unverständlich 
ist die Entsch. des Reichsgerichts in Zivilsachen vom 1. März 1907 
— v. Kamptz und Delius, Rechtsprechung Bd. 2, S. 400 —, vor 
1846 habe eine Publikationsform für Erlasse des absoluten Monarchen 
nicht bestanden. 
5) G.-S. 1846, S. 161.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.