Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

550 Das Verfassungsrecht. 9 82 
wenn die Gesetzsammlung früher bekannt war. Gegenwärtig muß man 
nun den Inhalt der Gesetzsammlung allgemein als bekannt annehmen, 
während man ein Gleiches von den Amtsblättern, von denen manche 
Jahrgänge gar nicht mehr zu erhalten sind, nicht behaupten kann. 
Es ist also gegenwärtig ein in der Zeit von 1811 bis 1846 erlassenes 
Gesetz als bekannt und damit als rechtsverbindlich anzusehen, wenn 
es auch nur in der Gesetzsammlung verkündet ist. Ueber die Ver- 
bindlichkeit der nach 1816 erlassenen Gesetze entscheidet allein deren 
Verklindigung in der Gesetzsammlung. 
Nach dem Gesetze vom 10. April 1872 sind durch die Gesetzsamm- 
lung nicht nur alle Gesetze, sondern auch alle königlichen Verordnungen 
zu verkündigen ohne Unterschied, ob sie für die ganze Monarchie oder 
einen Teil bestimmt sind. Eine Ausnahme von dieser Regel 
besteht jedoch hinsichtlich der landesherrlichen Erlasse einschließlich der 
durch sie beglaubigten und genehmigten Urkunden, sofern sie 
betreffen: 1. die Verleihung des Expropriationsrechtes; 2. die Ver- 
leihung des Rechtes zur Entnahme von Chaussee= und Wegebau= und 
Unterhaltungsmaterialien; 3. die Verleihung des Rechtes zur Erhebung 
von Chaussee= und Wegegeld; 4. die Statuten der Deichverbände und 
der Genossenschaften zu Meliorationen durch Entwässerung und Bewässe- 
rung; 5. die Erteilung von Konzessionen zum Bau und Betriebe von 
Eisenbahnen sowie die Statuten der Unternehmer; 6. die Reglements 
für die öffentlichen und Privatfeuersozietäten; 7. die Reglements für 
die landschaftlichen Kreditvereine und ähnliche Kreditinstitute; 8. die 
Einrichtung des Landarmen= und Korrigendenwesens; 9. die Privilegien 
zur Ausgabe von Papieren auf den Inhaber. Die auf diese Gegen- 
stände bezüglichen Erlasse sowie Ergänzungen und Abänderungen der- 
selben und der Urkunden, auch wenn letztere selbst durch die Gesetz- 
sammlung bekannt gemacht sind, erhalten allein durch die Verkündigung 
im Amtsblatte Rechtsverbindlichkeit. Sosern der Zeitpunkt nicht be- 
stimmt ist, beginnt die Verbindlichkeit mit dem ersten Tage nach dem 
Ablaufe desjenigen Tages, an welchem das betreffende Stück des Amts- 
blattes zur Ausgabe gelangt ist. 
Die Verbindlichkeit beginnt stets mit dem in dem Gesetze oder 
der Verordnung selbst und, wenn sie in dieser Beziehung nichts 
enthalten, mit dem aus dem Gesetze vom 10. April 1872 sich ergeben- 
den Zeitpunkte und zwar auch für diejenigen, welche schon früher von 
der Anordnung Kenntnis erhalten haben. Die Verkündigung ist also
	        
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