Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

X Preußen als konstitutioneller Staat (1848 - 1867). 53 
dem Boden des konstitutionellen Staatsrechtes den Staat seinen In- 
teressen dienstbar zu machen. 
Zunächst wurde für diesen Zweck die Verwaltung in einzelnen 
Punkten reorganisiert. Die Verwaltungsreform Hardenbergs hatte be- 
reits unter Vernichtung der noch vorhandenen Selbstverwaltung der 
Kreise und Provinzen alle Macht in dem Beamtentume vereinigt und 
ihm vom Oberpräsidenten herab bis zum Gendarmen durch allgemeine 
Klauseln in den Organisationsgesetzen und Instruktionen einen un- 
beschränkten und rechtlich gar nicht nachzuprüfenden Einfluß über die 
individuelle Rechtssphäre des einzelnen Untertanen gegeben. Alle Be- 
hörden befanden sich hinwiederum in unbedingter Abhängigkeit von 
der obersten Stelle, dem Staatskanzleramte und später dem Ministe- 
rium, so daß dieses den ganzen Staat und alle Untertanen absolut 
beherrschte. Bisher hatte diese Verwaltungsorganisation nur staat- 
lichen Zwecken, der Durchführung der großen Reformen, gedient. Un- 
verkennbar war sie aber auch wie geschaffen, um einer im Ministerium 
vertretenen Partei die Herrschaft über den ganzen Staat zu sichern. 
Der nunmehr zur Herrschaft gelangten Partei genügte aber diese 
Hardenbergsche Organisation noch nicht. Die Abhängigkeit des Be- 
amtentums mußte noch verstärkt werden, da es zum großen Teile 
erfüllt war von den Idcen der französischen Revolution, die es in 
Preußen auf dem Wege der friedlichen Reform hatte durchführen 
helfen. Das Gesetz vom 21. Juli 1852 verordnete daher, daß die 
Unterstaatssekretäre, Ministerialdirektoren, Oberpräsidenten, Regie- 
rungspräsidenten und Vizepräsidenten, Militärintendanten, Beamten 
der Staatsanwaltschaft, Vorsteher königlicher Polizeibehörden, Land- 
räte, Gesandten und diplomatischen Agenten jederzeit unter Gewäh- 
rung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand ver- 
setzt werden könnten. Alle maßgebenden Beamten konnten daher jeden 
Augenblick von dem Ministerium, das nach der konstitutionellen Doktrin 
ohnehin von der Kammermehrheit abhängig war, entfernt werden. 
Andererseits wurde das Beamtentum aber bei etwaigen Ueber- 
griffen in die individuelle Rechtssphäre, die bei den zahllosen General- 
klauseln der Verwaltungsgesetze schon an und für sich rechtlich kaum 
zu kontrollieren waren, geschützt in doppelter Weise. Die Anklage 
durfte bloß erhoben werden von der Staatsanwaltschaft, welche zur 
Verfügung des Justizministers stand, während der Einzelne kein Mittel 
besaß, die Staatsanwaltschaft zur Erhebung der Anklage zu zwingen.
	        
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