Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

88 Preußen als konstitutioneller Staat (1848—1867). 55 
lichen Provinzen mit Ausnahme von Posen. Bezüglich der Vertretung 
der größeren Kommunalverbände, der Kreise und Provinzen, wurde 
die Herrschaft des Großgrundbesitzes wiederhergestellt durch Aufhebung 
der Kreis-, Bezirks= und Provinzialordnung vom 11. März 1850, 
welche das Wiederaufleben der neuständischen Gesetzgebung der zwan- 
ziger Jahre zur Folge hatte. Zum weiteren Ausbau der Kreis= und 
Provinzialverfassungen wurden besondere provinzielle Gesetze in Aus- 
sicht gestellt, kamen jedoch nicht zustande. Im Widerspruche mit dem 
auf allen diesen Gebieten hervortretenden Eifer in der Gesetzgebung, 
besonders bei der Neuregelung des Steuerwesens, unterblieb die schon 
lange geplante Grundsteuerreform und die Beseitigung der Grund- 
steuervorrechte der Rittergüter. 
Das Staatsgebiet wurde in dieser Zeitperiode erweitert durch die 
Fürstentümer Hohenzollern, welche auf Grund des Staatsvertrages 
vom 7. Dezember 1849 durch Gesetz vom 12. März 1850 mit Preußen 
vereinigt wurden, und durch das Jadegebiet, welches Oldenburg durch 
die Verträge vom 20. Juli und 1. Dezember 1853 zur Erbauung 
eines Kriegshafens an Preußen abtrat. Dagegen wurde die Personal- 
union zwischen Preußen und Neuenburg durch den 1857 erfolgten 
förmlichen Verzicht des Königs auf dieses Fürstentum gelöst. 
Mit Eintritt der Regentschaft hörte die einscitige Parteiherrschaft 
auf. Die konservative Partei verlor mit der Mehrheit in dem Ab- 
geordnetenhause gleichzeitig ihre herrschende Stellung, und es begann 
die „neue Aera“. Der Gegensatz gegen die bisher herrschende Rich- 
tung brachte es mit sich, daß die ersten Maßregeln des neuen Regi- 
ments vorzugsweise der liberalen Anschauung entsprachen, doch waren 
sie keine Ausflüsse der liberalen Parteilehre, sondern, wie sich bald 
zeigen sollte, der persönlichen Regierung des Königs. Eine der ersten 
Maßregeln bildete die endliche Durchführung der bereits seit 1810 
in Aussicht gestellten, aber bisher immer an dem Widerstande des 
Großgrundbesitzes gescheiterten Grundsteuerresorm, welche für das 
ganze Staatsgebiet durch drei ineinandergreifende Gesetze vom 21. Mai 
1861 erfolgte. 
Gleichzeitig versuchte man wenigstens teilweise an Stelle der 
bisherigen Ministerialentscheidungen, die nur allzuleicht den Gesichts- 
punkt der Gesetzmäßigkeit hinter dem der Zweckmäßigkeit zurücktreten 
ließen, eine wirkliche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Verwaltungs- 
rechtes herzustellen durch das Gesetz vom 24. Mai 1861, betreffend
	        
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