§ 13 Systematik des preußischen Staatsrechtes. 75
riellen Verfassungsrechte. Dieses ist auch nach Begründung des Reiches
ein rein partikulares geblieben.
Andererseits nimmt das Reich eine Reihe einzelner Hoheitsrechte
für sich in Anspruch, und zwar bei einzelnen die Gesetzgebung und
unmittelbare Verwaltung, bei anderen nur die Gesetzgebung, während
es die Ausführung seiner Gesetze unter seiner Aussicht den Einzel-
staaten überläßt. Ein drittes Gebiet endlich ist den Einzelstaaten in
völliger Unabhängigkeit vom Reiche verblieben. In dem Verwaltungs-
rechte greift daher die Tätigkeit des Reiches und der Einzelstaaten
derart ineinander über, daß nur beide zusammen die volle Staats-
gewalt den Staatsangehörigen gegenüber vertreten, eine ohne die andere
nicht bestehen kann. Die Darstellung des preußischen Verwaltungs-
rechtes muß daher auch das Reichsverwaltungsrecht vielfach in ihren
Kreis ziehen. Mit dem Begriffe des preußischen Verwaltungsrechtes
verbindet sich daher nicht wie mit dem des Verfassungsrechtes die
Bedeutung des von dem preußischen Staate erlassenen und für ihn
maßgebenden Rechtes, sondern oft nur die des für Preußen geltenden
Rechtes ohne Rücksicht auf seinen Ursprung. Es ist dies ein Uebel-
stand für die Theorie wie für die Darstellung, der sich jedoch bei der
Natur des zusammengesetzten Staates und der gleichzeitigen Ein-
wirkung verschiedener staatlicher Organisationen auf dasselbe Gebiet
nicht umgehen läßt.
8 13. Systematik des preußischen Staatsrechtes.
Das Staatsrecht ist genau dem Wortsinne entsprechend das Recht
des Staates als solchen, d. h. der Inbegriff der Normen, welche für
die dem Staate zustehenden Rechte maßgebend sind. Das wesentliche
Begriffsmoment des Staates liegt aber in der Herrschaft. Der Staat
ist Herrscher, Staatsrecht also das für die staatliche Herrschaft maß-
gebende Recht. Die Staatsherrschaft kann nun der Staat, welcher in
der Monarchie sich verkörpert in dem Könige, selbst üben oder durch
seine Organe ausüben lassen. Nach diesem Einteilungsgrunde zerfällt
das Staatsrecht in zwei Hauptteile, die als Staatsrecht im engeren
Sinne oder Verfassungsrecht und als Verwaltungsrecht zu bezeichnen
sind. Das Staatsrecht im engeren Sinne oder Verfassungsrecht hat
demnach zum Gegenstande die Normen, nach denen sich die Faktoren
und Funktionen des Staates als solchen bestimmen, das Verwaltungs.