Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 16 Das vom Staate gesehte Recht. 89 
Abgesehen von der letzteren Ausnahme hinsichtlich der Steuer- 
gesetzgebung hatten also Gesetzkommission und Staatsrat wie die Stände 
die ihnen vorgelegten Entwürfe nur zu begutachten, dagegen bedurfte 
es nicht ihrer vorherigen Zustimmung. Nach ausdrücklicher gesetzlichen 
Bestimmung war von 1781- 1794 die vorherige Begutachtung der 
Gesetzentwürfe durch die Gesetzkommission ein so wesentliches Erfor- 
dernis, daß die Gültigkeit der Gesetze davon abhing. Eine solche 
Bestimmung fehlt hinsichtlich des Staatsrates und der Stände. Da 
nun nicht anzunehmen ist, daß sich der Gesetzgeber in der Ausübung 
seiner Befugnis größere Beschränkungen habe auferlegen wollen, als 
er selbst sagt, so ist das Erfordernis einer vorherigen Begutachtung 
durch den Staatsrat und die Stände als eine rein instruktionelle 
Vorschrift für den Gang der Gesetzgebung zu betrachten, nicht jedoch 
als notwendige Voraussetzung der Gültigkeit des Gesetzes. Hinsichtlich 
des Staatsrates ist dies sogar ausdrücklich erklärt worden durch die 
Verordnung vom 6. Januar 1848. Da übrigens die Tatsache, daß das 
Gutachten erfordert ist, im Eingange der Gesetze nur zum Teil hervor- 
gehoben, zum Teil aber vollständig übergangen wird, so erscheint 
es gegenwärtig in vielen Fällen unmöglich, festzustellen, ob der vor- 
geschriebene Gang der Gesetzgebung beobachtet ist oder nicht. Selbst 
wenn man die gutachtliche Aeußerung für wesentlich halten wollte, 
muß man dem Gesetzgeber zutrauen, daß er dem Gesetze entsprechend 
gehandelt, ohne daß man jetzt eine nähere Prüfung vornehmen könnte. 
Der Form nach zerfallen die königlichen Anordnungen vor Erlaß 
der Verfassungsurkunde in eigentliche Gesetze und verwaltungsrecht- 
liche Verordnungen. 
1. Die eigentlichen Gesetze sind diejenigen Verordnungen, durch 
welche die besonderen Rechte und Pflichten der Bürger bestimmt, oder 
die gemeinen Rechte abgeändert, ergänzt oder erklärt werden sollen 
(§ 7 Einl. A. L.-N.). Die Gesetze führen verschiedene Namen. Die 
allgemeinsten sind Gesetz, Verordnung, Edikt, die als gleichbedentend 
gebraucht werden. Seltener sind die Benennungen Publikandum, Be- 
kanntmachung und Patent, die vielfach, namentlich die letzte, für Ein- 
führungsgesetze zu umfassenderen Gesetzen oder Gesetzbüchern gebraucht 
werden. Für authentische Interpretationen findet sich noch Deklaration. 
Besonders dem 16. Jahrhundert gehören noch die Bezeichnungen Kon- 
stitution und Mandat, sowie das Wort Ordnung in Verbindungen wie 
Landesordnung, Polizeiordnung, an. Im allgemeinen besteht jedoch
	        
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