Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

897 Das System der allgemeinen Landesverwaltung. 99 
andere übergeordnet, deren Hauptaufgabe nicht in der unmittel- 
baren Erledigung der Verwaltungsgeschäfte, sondern fast nur in 
der Leitung und Beaufsichtigung der unteren Organe besteht. In 
der Regel sind auf diese Weise die Behörden der einzelnen Verwal- 
tungszweige mehrfach übereinander geschichtet. Die oberste Be- 
hörde bildet regelmäßig das Ministerium. Die Leiter der einzelnen 
Ministerien vereinigen sich zu dem kollegialischen Staatsministerium, 
in dem sich die Einheit der Staatsverwaltung verkörpert. 
So entsteht ein System der Aemter und Behörden von unten her- 
auf, vom Gendarmen und Weichensteller bis zum Ministerium, indem 
immer die eine Behörde der Aufsicht und Leitung der anderen Be- 
hörde untergeben ist. Die Aufsicht kann allerdings in verschiedener 
Weise ausgeübt werden. Die übergeordnete Behörde kann die 
untere mit eingehenden Anweisungen entweder allgemein oder 
für den einzelnen Fall versehen, von Amts wegen die Anordnungen 
der unteren Behörde abändern oder ganz vernichten, ja die Leitung 
bis zur eigenen Besorgung der den unteren Behörden übertragenen 
Geschäfte ausdehnen. Die übergeordnete Behörde kann sich aber auch 
andererseits darauf beschränken, die ordnungsmäßige Erledigung 
der Geschäfte durch die unteren Organe zu überwachen und deren 
Entscheidungen nur dann abzuändern, wenn von einer betroffenen 
Person oder von einem Organe der Staatsgewalt das Einschreiten 
der oberen Behörde gefordert wird. Grundsätzlich ist es in das 
freie Ermessen einer jeden Behörde gestellt, in welcher Form sie 
ihr Recht der Aufsicht und Leitung auszuüben für angemessen 
findet. In zahlreichen Fällen hat jedoch eine positive rechtliche 
Formulierung der Zuständigkeit der übergeordneten Behörden in 
dem Sinne stattgefunden, daß der Ausübung der Kontrolle gewisse 
Grenzen gezogen sind. 
In ganz besonderem Maße ist dieses Aufsichtsrecht abgeschwächt 
worden, soweit es sich um richterliche Behörden handelt. Sachlich 
sind hier sämtliche Behörden grundsätzlich nur der objektiven Rechts- 
norm unterworfen und nicht nur berechtigt, sondern auch ver- 
pflichtet, Anweisungen der vorgesetzten Behörden über die Art 
und Weise der Entscheidung eines einzelnen Falles unbeachtet zu 
lassen. Die Aufgabe der oberen Behörden beschränkt sich hier 
darauf, festzustellen, ob die unteren Behörden eine ordnungsmäßige- 
Tätigkeit entwickeln, und auf Aurufen einer Partei oder des Ver- 
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