Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

887 Geschichtliche Entwicklung des Beamtenwesens. 3 
sind Amtslehen ungebräuchlich, das militärische Kommando 
herrscht vor. 
Dieser absolute Militärstaat wird jedoch im Laufe des 13. Jahr- 
hunderts an den verschiedensten Stellen durchlöchert, und als Er— 
gebnis einer Entwicklung von wenigen Menschenaltern stellt sich 
eine staatliche Verfassung und Verwaltung heraus, die genau das 
Gegenteil der ursprünglichen Verhältnisse ist?). Um die Grenzscheide 
des 13. und 14. Jahrhunderts ist die Ueberwältigung des absoluten 
Militärstaates durch die Macht des Besitzes in jeder Hinsicht ent- 
schieden, und damit die Abhängigkeit aller staatlichen Herrschaft 
von dem Einflusse des Besitzes auf Jahrhunderte besiegelt. 
Die Organe für die Ausübung der staatlichen Hoheitsrechte 
sind nunmehr in den Städten die selbstgesetzten Organe der städti- 
schen Gemeinden, auf dem flachen Lande die größeren Grundbesitzer 
für ihre Hintersassen. Den höchsten Rat des Landesherrn für die 
Handhabung der Landesverwaltung bildet die Gesamtheit der Orts- 
obrigkeiten des Landes, welche sich zusammensetzt aus den Vertretern 
der städtischen Gemeinden und den im Besitze staatlicher Hoheits- 
rechte befindlichen größeren Grundbesitzern. Da die Ausübung staat- 
licher Hoheitsrechte untrennbar verknüpft ist mit dem Grundbesitze, 
sei es, daß eine Genossenschaft diese Rechte handhabt, soweit der 
Grundbesitz ihrer Mitglieder, sei es, daß ein größerer Grundbesitzer 
sie hat, soweit sein und seiner Hintersassen Grundbesitz reicht, so 
greift naturgemäß allmählich der Gedanke Platz, daß diese staat- 
lichen Hoheitsrechte Zubehör des Grundbesitzes sind. Wird die 
Ausübung eines Hoheitsrechtes nach den Normen des Privatrechts 
zugleich mit dem Privatbesitze erworben und verloren, ist vollends 
wie bei der Besiedelung der Mark jedes private Grundeigentum 
vom Staate abgeleitet gleich dem Hoheitsrechte, so geht jeder Unter- 
schied zwischen beiden verloren. Beide bilden zusammen einen 
Inbegriff vorwiegend privatrechtlicher Befugnisse. 
Nachdem dieser Rechtszustand einmal zur Regel geworden 
war, wendet man sie auch auf diejenigen verhältnismäßig un- 
bedeutenden Teile des flachen Landes an, in denen dem Landes- 
herrn noch das Recht der eigenen Ausübung der Staatsgewalt 
verblieben war. Ist die Gerichtsbarkeit und Polizei über ein Dorf, 
das Recht auf Zins und Dienste der Bauern überall sonst ein 
2) Vgl. 8 2. 
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