Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 98 Das System der Kommunalverwaltung. 105 
Der Kommunalverband einzig und allein erfüllt für einen 
bestimmten Bezirk Aufgaben, die nach heutiger Rechtsanschauung 
dem Staate obliegen und bedient sich dazu der Herrschaftsmittel 
des Staates. 
Mag man eine kommunale Aufgabe nehmen, welche man will, 
stets wird es sich finden, daß die betreffende Obliegenheit, wie 
z. B. die Verwaltung der Schulen, die Unterhaltung von Straßen, 
lauch vom Staate erfüllt wird, daß es sich also nicht um aus- 
schließliche Aufgaben des Staates oder der Gemeinde handelt, oder 
daß sie doch, wie z. B. die Armenpflege, auch vom Staate erfüllt 
werden könnte, ohne daß das Wesen des Staates oder der Ge- 
meinde ein anderes würde. Angesichts dieser Tatsache behaupten 
wollen, die Kommunalverwaltung habe eigene, vom Staate ver- 
schiedene Lebensaufgaben, heißt vom Standpunkte einer rechts- 
philosophischen Theorie aus sich mit den vorhandenen Rechts- 
zuständen in den denkbar größten Widerspruch setzen. 
Der Kreis der kommunalen Aufgaben kann weiter oder enger 
gezogen werden. Besonders den mittelalterlichen Kommunalver= 
bänden eigentümlich war es, daß sie die staatlichen Aufgaben im 
weitesten Umfange erfüllten, ja den Staat auf den meisten Ge- 
bieten des öffentlichen Lebens geradezu ersetzten. So waren in 
den Städten nicht nur wie heute die Wohlfahrtspflege, sondern 
auch Sicherheitspolizei und Gerichtsbarkeit Sache der städtischen 
Korporationen, die hierbei außerdem durch staatliche Rechtsnormen 
fast gar nicht beengt waren. Erst im 19. Jahrhundert sind die 
Gerichtsbarkeit und fast durchweg die Sicherheitspolizei den kommu- 
nalen Verbänden entzogen, so daß deren Tätigkeit sich derzeit 
im allgemeinen auf die Wohlfahrtspflege beschränkt. Der Um- 
fang der kommunalen Tätigkeit ist also gleichgültig, es handelt 
sich aber stets um staatliche Aufgaben. Weil der Kommunal= 
verband öffentliche Aufgaben des Staates zu erfüllen hat, ist 
er ausgestaltet zu einer Person des öffentlichen Rechtes. 
Das zeigt sich in erster Linie in der Mitgliedschaft, die 
nicht auf freiwilligem Beitritte, sondern auf unmittelbarem Zwangs- 
gebote des Staates beruht. 
Bei Erfüllung dieser staatlichen Aufgaben bedient sich ferner 
der Kommunalverband derselben Mittel wie der Staat selbst, der 
tatsächlichen Anordnung und nötigenfalls des obrigkeitlichen
	        
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