4 Das Verwaltungsrecht. § 87
privatrechtlicher Besitz des Grundherrn, warum sollte dies hier
nicht der Fall sein? Da die Erinnerung an den früheren Rechts-
zustand allmählich den späteren Geschlechtern entschwand, so entsteht
schon im 15. Jahrhundert die Auffassung, daß nicht dem Landes-
herren als solchem jene Rechte zustehen, sondern nur als Gutsherren
seiner Domänen. Ebenso war schon lange der Erwerb und Verlust
der Herrschaft über Land und Leute nach privatrechtlichen Grund-
sätzen behandelt. Das Land wird vererbt, vertauscht, verkauft, ver-
pfändet wie Grundstücke.
Damit ist der Gedankenkreis, zu dem die Verknüpfung staat-
licher Hoheitsrechte mit dem Grundbesitze den ersten Anlaß gegeben
hatte, abgeschlossen. Jedes staatliche Hoheitsrecht ist privatrechtlicher
Besitz, folglich wird der Staat überhaupt nach den Regeln des
Privatrechts beurteilt. Die privatrechtliche Anschauungsweise des
Mittelalters von den öffentlichen Angelegenheiten ist also nicht eine
Folge mangelhafter juristischen Schulung, sondern das notwendige
Ergebnis der Ueberwältigung des Staates durch die Macht des
Besitzes. Der Charakter des Amtswesens war jedoch durch diese
Tatsache bestimmt nach doppelter Richtung hin.
Das regelmäßige Verhältnis ist die Ausübung staatlicher
Hoheitsrechte durch die Vertreter von Genossenschaften oder größere
Grundbesitzer, denen diese Ausübung aus eigenem Rechte zusteht. Da
die Amtstätigkeit vollkommen mit dem Besitze verschmolzen ist, so
hat sie den Charakter einer privatrechtlichen Befugnis. Davon, etwa
gutsherrliche Gerichtsbarkeit und Polizei als staatliches Amt zu
betrachten, ist man weit entfernt. Die Ausübung staatlicher Hoheits-
rechte aus eigenem Rechte scheidet daher aus dem Amtsrechte voll-
ständig aus.
Die Landeshoheit selbst, die dem Landesherren verbliebenen
Rechte umfassend, ist aber auch nur ein Bündel nach den Grundsätzen
des Privatrechts zu beurteilender Befugnisse. Diese kann jedoch
der Landesherr nicht in jeder Hinsicht selbst betätigen, er bedarf
auch hier für die Handhabung seiner Landeshoheit besonderer
Organe. Der Landesherr übt die in der Landeshoheit enthaltenen
Rechte in der Weise aus, daß er damit einzelne Personen auf längere
oder kürzere Zeit betraut. Sind aber für das Wesen der Landes-
hoheit überhaupt die Normen des Privatrechts maßgebend, so muß
dieses auch für deren Ausübung durch die landesherrlichen Organe