Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

130 Das Verwaltungsrecht. § 102 
wig-Holstein einen im Ortsstatut näher zu bestimmenden Mindest- 
wert haben muß, oder in der Rheinprovinz Veranlagung zur Grund- 
und Gebäudestener vom Grundbesitze im Gemeindebezirke zu einem 
ortsstatutarisch näher zu bestimmenden Mindestsätze von 6—30 
Mark; oder 
b) mit Ausnahme der Rheinprovinz und von Hessen-Nassan 
der selbständige Betrieb eines stehenden Gewerbest) als Haupt- 
erwerbsquelle, und zwar in den Städten der östlichen Provinzen 
und Westfalens von mehr als 10 000 Einwohnern und in Frank- 
furt a. M. mit wenigstens zwei Gehilfen, in Schleswig-Holstein 
von im Ortsstatute näher zu bestimmender Art und Umfang; oder 
c) in den alten Provinzen und in Hessen-Nassau zur Ein- 
kommensteuer oder zu einem fingierten Normalsteuersatze von 4 M. 
veranlagt ist oder ein Einkommen von mehr als 660 M. bezieht; 
in der Rheinprovinz kann der Normalsteuersatz durch Ortsstatut 
auf höchstens 6 Mark festgesetzt werden, in Schleswig-Holstein wird 
ein durch Ortsstatut festzusetzendes Einkommen von 600—1200 
Mark:) oder Veranlagung zu einem entsprechenden Steuersatze, in 
Frankfurt am Main ein Jahreseinkommen von 1200 M. er- 
fordert; oder 
6) Diese Bestimmung ist durch § 13 der Gewerbeordnung nicht be- 
rührt worden. Danach darf die Zulassung zum Gewerbebetriebe vom 
Erwerbe des Bürgerrechts nicht mehr abhängig gemacht werden, der 
Gewerbetreibende ist aber drei Jahre nach Beginn des Betriebes auf 
Verlangen der Gemeindebehörde, soweit dies in der bestehenden Ge- 
meindeverfassung begründet ist, zum Erwerbe des Bürgerrechts verpflichtet. 
Hier wird also ein besonderer Erwerbsakt vorausgesetzt, wie dies aus 
der Festsetzung der Verpflichtung zum Erwerbe auf Verlangen der Gemeinde- 
behörde hervorgeht. Nach den O., W., Rh., Sch.-H., H.-N. und Frkft. St- O. 
vollzieht sich aber der Erwerb von Rechtswegen, ein solcher besonderer 
Erwerbsakt ist also ganz unmöglich. Die Gewerbeordnung § 13 kann sich 
daher nur auf solche Gemeindeordnungen beziehen, die wie die H. StO. 
einen besonderen Erwerbsakt kennen. Anderer Ansicht ohne nähere Be- 
gründung Entsch, des O#VG. vom 2. November 1885, Bd. 13, S. 83. 
7) Nach § 77 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind Ortsstatute 
unzulässig, die das Wahlrecht von einem höheren Einkommen als 900 M. 
abhängig machen. Dies bezog man anfangs auch auf Schleswig-Holstein 
— so Entsch. des OVG. vom 26. Mai 1899 —. Die Bestimmung trifft 
aber nur die ortsstatutarische Regelung im Gebiete des Dreiklassen- 
wahlrechts. In Schleswig-Holstein ist also der frühere Höchstsatz von 
1200 M. bestehen geblieben — so Entsch. OVG. vom 22. Oktober 1900, 
Bd. 38, S. 33 —, entgegen der früheren Rechtsauffassung. Vgl. über 
die Streitfrage Fuß, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Bd. 118, 
S. 30.
	        
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