Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

§ 87 Geschichtliche Entwicklung des Beamtenwesens. 7 
Der Landesherr andererseits verpflichtet sich außer zum Schutze 
seines Beamten zu gewissen Gegenleistungen für dessen Dienste 
während der Amtsdauer. Gewöhnlich setzt sich das Einkommen des 
Beamten für seine Dienste aus drei verschiedenen Bestandteilen 
zusammen. Die Haupteinkünfte bestehen, der mittelalterlichen Na- 
turalwirtschaft entsprechend, in Naturallieferungen für den Be- 
amten. Die meisten landesherrlichen Beamten, wie die Vögte oder 
Amtleute und deren Unterpersonal, ebenso die Landeshauptleute 
und deren Organe haben ihren Sitz auf einer landesherrlichen 
Domäne, die Beamten der obersten Verwaltung bei dem Zusammen- 
fallen von Hof= und Landesverwaltung am Hoflager. Die Domäne 
muß die an ihrem Sitze befindlichen Beamten unterhalten. Die 
Beamten haben ihre Wohnung auf dem Gute, bekommen ihr be- 
stimmtes Deputat an Schlachtvieh, Getreide, Brennholz und der- 
gleichen. Ebenso werden die Hofbeamten im kurfürstlichen Schlosse 
unterhalten. Außer diesen Naturalleistungen beziehen die Beamten 
für sich und ihre Diener Bekleidung aus der kurfürstlichen Kammer, 
sowie Ersatz für im Amte erlittene Schäden und Unkosten. Dazu 
tritt endlich ein geringes Bargehalt, welches für die unteren Be- 
amten 10 bis 20 Gulden, für die höheren 30, 40, 50 Gulden bis 
zu 100 Gulden, sehr selten mehr beträgt. Bei Aemtern, deren Ver- 
leihung auf Pacht= oder Pfandvertrag beruht, bezieht selbstverständ- 
lich der Beamte, abgesehen davon, daß er alle Einnahmen für sich 
behält, keine weiteren Einkünfte. Häufig muß der Beamte von 
seinen Einnahmen verschiedene Schreiber und Knechte mit unter- 
halten. 
Die getreuliche Erfüllung der Amtspflichten wird meist von 
den Beamten beschworen. Es ist dies die einzige öffentlichrechtliche 
Seite, welche noch in das Beamtenrecht hineinragt, obgleich es in 
keiner Weise entscheidend ist, da das Mittelalter auch die Be- 
schwörung privatrechtlicher Verpflichtungen als wirksame religiöse 
und rechtliche Verstärkung der Verbindlichkeit liebt. 
Seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts entwickelt sich die 
Landeshoheit allmählich zur modernen Staatsgewalt. Von der 
Mitte des Jahrhunderts ab drängt die landesherrliche Gewalt in 
jahrzehntelangem Kampfe mit den Ständen deren Einfluß zurück. 
Die Einwirkung der Stände auf die Gesamtinteressen des Landes 
hört mit dem Fortfalle der landständischen Versammlungen auf. Die
	        
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