8 Das Verwaltungsrecht. 887
Stände als Ortsobrigkeiten werden unter eine sich mehr und mehr
verschärfende staatliche Aufsicht gestellt. Die Landeshoheit streifte
ihren privatrechtlichen Charakter ab und wurde aus einem Bündel
privatrechtlicher Befugnisse, denen ebensolche Befugnisse der Unter—
tanen gegenüberstanden, zu einer allbeherrschenden Staatsgewalt.
Die Dienste des Beamten waren folglich ebenfalls nicht mehr
privatrechtlichen, sondern staatsrechtlichen Inhalts. Dieses ver—
änderte Wesen des Staates und des Dienstes für den Staat macht
sich sofort geltend in dem Verhältnisse des Landesherren zu dem
Beamten
Zunächst erhält die Begründung des Beamtenverhältnisses eine
andere rechtliche Form. Es waren nicht mehr privatrechtliche
Leistungen, zu denen der einzelne Beamte sich verpflichtete, sondern
öffentliche Dienste. Schon mit dieser Tatsache war der privat-
rechtliche Vertrag nicht mehr vereinbar, da man sich durch einen
solchen nur zu privatrechtlichen Leistungen verpflichten kann. Aber ein
Vertragsverhältnis überhaupt mußte begrifflich undenkbar erscheinen
zwischen einer rechtlich unbeschränkten Staatsgewalt und den ihr
unbedingt unterworfenen Untertanen. Einzig der Wille des Fürsten
kann das Beamtenverhältnis begründen und lösen. Der absolute
Herrscher nimmt daher ein freies Entlassungsrecht für sich in An-
spruch. Im Reiche und den noch im patrimonialen Wesen ver-
harrenden Kleinstaaten Deutschlands vielfach bestritten, ist dieses
Entlassungsrecht in Brandenburg-Preußen schon unter dem Großen
Kurfürsten unbedingt anerkannt“). Die Bestallungen haben somit
den Charakter des Vertrages verloren und sind zu einseitigen Akten
des Landesherren geworden.
Aber auch der Inhalt der Bestallungen verändert sich mehr
und mehr. In ihnen erscheint eine Aufzählung der Amtspflichten
im einzelnen nicht mehr erforderlich, da diese nach und nach all-
gemein für ganze Arten von Beamten und Behörden durch die
neuen Ordnungen des absoluten Staates, zunächst nur versuchs-
4) VglI. die bei JIsaacsohn, Bd. 2, S. 369 ff. abgedruckte Stelle
des Briefwechsels der Geh. Näte mit dem Kurfürsten aus den Jahren
1675—1678: „Zwar weißen wir auch wohl, daß Ew. Churf. Durchl.
Dero Diener auch ohne anzeugung der geringsten Ursache Ihren Dienst
erlassen und lizentiren können“. Die Berechtigung der häufig wieder-
kehrenden Verfügung Friedrich Wilhelms I.: „soll platt cassiert werben“
ist schon während des 17. Jahrhunderts in Preußen unbestritten.