Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 87 Geschichtliche Entwicklung des Beamtenwesens. 11 
namens des. Königs den Staat beherrscht. Jede herrschende Klasse 
sucht aber in den Rechtsordnungen des Staates ihr Interesse zu 
sichern. Das des Beamtentums erheischte Sicherung seiner Ver- 
mögens= und Standesrechte gegen den Staat. Noch unter. Friedrich 
dem Großen war ein Anspruch des Beamten auf Amt und Gehalt 
nie anerkannt. Nicht nur das Gehalt wurde dem Staatsbedürfnisse 
entsprechend erhöht oder erniedrigt, auch die einfache Entlassung 
überflüssig werdender Beamten ohne jegliche Entschädigung war 
etwas Gewöhnlichese). Dagegen spricht sich bereits ein Gut- 
achten der Gesetzgebungskommissior vom 2. Mai 1787 gegen jede 
willkürliche Beamtenentlassung aus'). Der Entwurf des Allge- 
meinen Gesetzbuches enthielt sogar eine Bestimmung, daß Beamte 
ohne richterliches Erkenntnis ihres Amtes nicht entsetzt werden 
dürften. Ebensowenig wie bei den Bemühungen, die zu Recht 
bestehende Kabinettsjustiz zu beseitigen, gelangten aber hier die 
Bestrebungen des Beamtentums zu voller Geltung, wenn auch 
eine Sicherung der Beamten gegen willkürliche Entziehung von Amt 
und Diensteinkommen im allgemeinen erreicht wurde. 
Die Kodifikation des Beamtenrechts durch die preußische Ge- 
setzgebung in Tit. 10, Teil II ALgF. schließt sich demgemäß durch- 
aus an die neuere staatsrechtliche Praxis in Preußen an. Sie ge- 
währt aber der wirtschaftlichen Stellung der Beamten einen 
ausreichenden Schutz, indem richterliche Beamte nur bei den vor- 
gesetzten Gerichten und Landeskollegien wegen ihrer Amtsführung 
belangt, in Untersuchung genommen, bestraft oder ihres Amtes 
entsetzts), andere Beamte nicht durch einseitige Verfügung des De- 
partementschefs, sondern nur nach einem kontradiktorischen Ver- 
fahren durch Staatsratsbeschluß, der hinsichtlich der vom Könige 
  
6) Beispiele der Entlassung richterlicher Beamter ohne Entschädigung 
wegen organisatorischer Aenderungen aus den Jahren 1748 und 1780 
s. bei Stölzel Br. Pr. Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung, Bd. 2, 
S. 195, 304; ebenda S. 265 den charakteristischen Ausspruch Friedrichs 
des Großen: „da ja die Befugnis, ihre Bediente wegzujagen, selbst 
Particuliers unbenommen und außer aller Contestation sel“. 
7) Das Gutachten ist abgedruckt bei Malacord, de publicis officiis 
absque justa caussa non auferendis, Göttingen 1787. 
8) § 99 II, 17 ALR. Nichtiger Ansicht nach bezog sich das freilich 
nur auf städtische und patrimoniale Richter.
	        
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