Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

188 Das Verwaltungsrecht. 108 
daß sie den Charakter einer eigenen Verwaltung durch die Auf- 
sichtsbehörden annahm, und die kommunalen Behörden zu bloß 
ausführenden Organen jener herabgedrückt wurden. 
Das Ziel der Steinschen Städteordnung von 1808 war 
es, den Städten ihre freie Bewegung zurückzugeben. Grundsätzlich 
sollte daher die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten den aus 
der Wahl der Bürger hervorgegangenen Organen der städtischen 
Gemeinde überlassen werden. Das staatliche Aufsichtsrecht über 
die Städte blieb zwar vorbehalten, seiner Ausübung wurden aber 
sehr enge Grenzen gezogen. Der Staat wollte seine Aufsicht nur 
noch dadurch betätigen, daß er die gedruckten Rechnungsauszüge 
oder die öffentlich darzulegenden Rechnungen der Städte über 
die Verwaltung ihres Gemeinvermögens einsah, die Beschwerden 
einzelner Bürger oder ganzer Abteilungen über das Gemeinwesen 
entschied, neue Statuten bestätigte und zu den Wahlen der 
Magistratsmitglieder seine Genehmigung erteilte. Sehr bald machten 
sich jedoch die Mißstände dieser allzu großen Lockerung des Auf- 
sichtsrechtes geltend, zumal die Städte bisher keinerlei Selbständig- 
keit genossen und alles von höherer Anordnung erwartet hatten. 
Nicht einmal die Führung der Verwaltung nach Maßgabe des 
bestehenden Rechtes konnte von den Aufsichtsbehörden erzwungen 
werden, wenn keine Beschwerde gegen die städtische Verwaltung 
einlief. 
Die revidierte Städteordnung von 1831 sah sich daher, um 
diese Mißstände zu beseitigen, wieder zu einer schärferen An- 
spannung des Aussichtsrechtes in der Richtung genötigt, daß die 
städtischen Behörden zwar über die Zweckmäßigkeit der Ver- 
waltungshandlungen selbständig entschieden, die Aufsichtsorgane 
aber die Führung der Verwaltung nach Maßgabe des bestehen- 
den Rechtes auch von Amts wegen beaussichtigen konnten. Die 
Regierungen wurden demgemäß für berechtigt und verpflichtet er- 
klärt: 1. sich die Ueberzeugung zu verschaffen, ob in jeder Stadt 
  
moderne Staat kann auf die einheitliche Handhabung der Sicherheits- 
polizei nicht verzichten. Ist sie Gegenstand der Kommunalverwaltung, 
so muß die ganze Kommunalverwaltung in größere Abhängigkeit vom 
Staate gesetzt werden. Die Polizei zum eigenen Rechte der Kommune 
machen zu wollen, ist also eine reaktionäre Bestrebung, die die Städte 
in den Zustand vor 1808 zurückversetzen würde.
	        
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