12 Das Verwaltungsrecht. 887
ernannten Beamten der königlichen Bestätigung bedurfte, wider
ihren Willen entsetzt oder verabschiecdet werden durften?).
Zum ersten Male in Deutschland wurde hier das Beamtenrecht
kodifiziert, zum ersten Male kam der staatsrechtliche Charakter des
Staatsdienstes unter Abstreifung aller privatrechtlichen An-
schauungen des ständischen Patrimonialstaates vollständig zur An-
erkennung. Der Grundgedanke der Kodifikation beruht auch hier
wieder auf der Wolffschen, im 18. Jahrhundert allgemein ver-
breiteten Lehre von den Staatshoheitsrechten als den Mitteln zur
Erreichung der Staatszwecke, die ihrerseits in allen Einzelheiten
erwachsen ist aus der lebendigen Anschauung der preußischen Staats-
praxis. Zwecke des Staates sind die Erhaltung und Beförderung
der allgemeinen Sicherheit und Wohlfahrt. Das Staatsoberhaupt,
dem die Pflicht obliegt, die Staatszwecke zu erfüllen, muß auch
die Mittel dazu haben, und das sind die Majestätsrechte. Zu diesen
Moajestätsrechten gehört auch das Recht der Aemterverleihungto),
da der König nicht alle Staatsaufgaben persönlich erledigen kann.
Damit ist der staatsrechtliche Charakter des Staatsdienstes aus-
gesprochen, er ist Tätigkeit für den Herrscher zur Erfüllung der
staatlichen Aufgaben. Dieser Auffassung entsprechen auch alle
Einzelbestimmungen über das Beamtenrecht.
Die Kodifikation des ALR. II, 10 wurde durch zahlreiche
spätere Einzelgesetze und Verordnungen durchlöchert, doch sind die
Grundzüge bis in die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts un-
berührt geblieben, insbesondere hat die Stein-Hardenbergische Ge-
setzzebung daran nichts geändert. Vielmehr wurden die meisten
der in den altländischen Gebietsteilen in dieser Hinsicht geltenden
Bestimmungen nach der Wiederherstellung des Staates auch auf
diejenigen Landesteile übertragen, in denen das AL. nicht galtug).
Die Verfassungsurkunde Art. 87, 90 traf nur einzelne An-
ordnungen über die Rechtsverhältnisse der richterlichen Beamten
und stellte in Art. 98 eine gesetzliche Regelung der Rechtsverhält-
0) §§ 98—101 II, 10 AL.
10) § 7 II, 13 ML
11) Vgl. z. B. die Kabinettsorders vom 6. März und 5. November
1821 — GS. 1821, S. 30, 156 —. Die fortdauernde Rechtsverschieden-
heit bezog sich vorzugsweise auf die Stellung der richterlichen Beamten.
Auch hier besteht aber ein Unterschied gegenwärtig nicht mehr.