Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

14 Das Verwaltungsrecht. 8 88 
die Widerruflichkeit oder die Unwiderruflichkeit des Amtes be— 
weisen und nach diesem Vorsatze entscheidet es sich dann, welche 
Vertragsform man wählt, um zu dem gewünschten Ergebnisse zu 
gelangen. 
I. Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts herrscht durchaus 
die privatrechtliche Anschauung vor. Die Wissenschaft bemächtigt 
sich aber des Staatsdienerverhältnisses zu einer Zeit, als in der 
Praxis der beide Teile sichernde privatrechtliche Vertrag bereits 
in den Hintergrund getreten, und die Anstellung und Entlassung 
der Beamten in das Belieben des Landesherren gestellt war. Diese 
Tatsache mußte man vereinigen mit der in der Wissenschaft herr- 
schenden privatrechtlichen Auffassung. Es war daher nichts natür- 
licher, als das Staatsdienstverhältnis für ein Precarium zu er- 
klärene). Sehr bald glaubte man jedoch zu bemerken, daß das 
Rechtsverhältnis kein prekäres sei, daß der Beamte vielmehr ein 
eigenes Recht zwar nicht auf das Amt, aber auf Belohnung habe. 
Wenn man auf letztere das Hauptgewicht legte, mußte man den 
Staatsdienst als Dienstmiete betrachtens). Andererseits sah man 
aber in dieser Auffassung einen Widerspruch mit den Bestimmungen 
des römischen Rechts, welches die Operae liberales als Mandat be- 
urteilte. Damit war die Behandlung des Staatsdienstes als Mandat 
naturgemäß gegebent). Selbstverständlich genügte das Mandat zur 
Charakterisierung des Staatsdienstes ebensowenig wie irgendeine 
andere privatrechtliche Vertragssorm. Man griff daher zu dem 
Innominatkontraktes) oder zu einem besonderen privatrechtlichen 
  
2) Vgl. die bei Nehm angeführten Schriften von Lud. Hugo, De 
statu regionum Germ., 1661, c. III. § 34; Myler ab Ehrenbach, 
Hyparcholog. cap. III. § 32; J. H. Böhmer, Exercit, ad Pandectas 
p. 767 ff., und Dissert. de jure principum circa dimiss. ministr., Halae 
1716, cap. II, §8 16. 
5) So Paul Kreß, Diss. juridica de jure officiorum et olficialium, 
Helmstädt 1732; Chr. v. Wolff, Jus naturale, Pars VIII, de imperio 
publico seu jure civitatis, 1748, § 899; Strube, Rechtliche Bedenken, 
Teil III, Nr. 144; Haller, Restauration der Staatswissenschaften II. S. 138. 
() Harprecht, Consil. respons. 93, Nr. 77; Eyben, Oissert. de 
regalibus, p. 180, § 15; eine Abhandlung von Schenk in der allgemeinen 
Polizei= und Justizsama von Hartleben, Jahrgang 1815 und endlich ein 
Erk. des Obertribunals vom 17. März 1865, Entsch. Bd. 52, S. 321 ff. 
5) Westphal, Deutsches Staatsrecht, 1784, Abh. 19; das Votum 
in Schlözers Staatsanzeiger, Heft 29 von 1785. «
	        
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