214 Das Verwaltungsrecht. § 111
gemeinden, aber innerhalb des Gemeindeverbandes doch nur eine
neue Abhängigkeit der kleineren Besitzer von den größeren herbei-
geführt hätte. Dagegen wurde die Möglichkeit einer freien Ver-
einigung der Landgemeinden und selbständigen Gutsbezirke zur
gemeinsamen Erfüllung kommunaler Aufgaben gewährt.
Die Verfassung der Landgemeinden und Gutsbezirke beruhte
daher, abgesehen von der Ortsverfassung, subsidiär auf dem
ALR. II, 7, das jedoch in Neuvorpommern und Rügen nicht
galt, dem Gesetze vom 14. April 1856 und der Kreisordnung vom
13. Dezember 1872 und den Novellen zu ihr. In Posen kamen
hierzu noch zahlreiche Sonderverordnungen über die ländliche Ge-
meindeverfassung und Polizeiverwaltung.
In der Provinz Schleswig-Holstein hatte die Landgemeinde-
verfassung je nach der wirtschaftlichen Verschiedenheit der einzelnen
Landesteile eine sehr mannigfache Entwicklung gehabt. Während
in dem ehemals slavischen Osten Holsteins (Wagrien) infolge des
Vorwiegens des Großgrundbesitzes sich ein ähnlicher Zustand heraus-
gebildet hatte wie in den östlichen Provinzen, waren in den
übrigen Teilen der Provinz die freien Bauergemeinden vor-
herrschend. Die preußische Gesetzgebung unternahm es zunächst
nur, für die ganze Provinz einige leitende Grundsätze des Ge-
meinderechts aufzustellen in der Verordnung vom 22. September
1867 betreffend die Landgemeindeverfassungen im Gebiete der
Herzogtümer Schleswig und Holstein5), welche sich durchaus an das
Landgemeindegesetz vom 14. April 1856 für die östlichen Pro-
vinzen anschloß. Diese Verordnung wurde mit einer einzigen Ab-
änderung durch ein lauenburgisches Gesetz vom 2. November
1874°) auch übertragen auf den jetzigen Kreis Herzogtum Lauen-
burg. Die schleswig-holsteinsche Landgemeindeverfassung erfuhr
auch weiterhin eine den östlichen Provinzen entsprechende Fort-
bildung, indem die schleswig-holsteinsche Kreisordnung vom 26. Mai
1888:) in ihren die Landgemeinden betreffenden Bestimmungen
eine fast wörtliche Uebertragung der entsprechenden Anordnungen
in der Kreisordnung für die östlichen Provinzen enthielt. In
den Kreisen Norder= und Süderdithmarschen, wo die Kirchspiele
5) GS. 1867, S. 1603.
6) Offizielles Wochenblatt S. 279.
7) GS. 1888, S. 139.