Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 114 Die Landgemeindeverfassung in Westfalen 2c. 251 
und Bürgermeister wie der Gemeindevorsteher können nun jeden 
Beschluß nicht nur wegen Gesetzwidrigkeit, sondern auch dann be- 
anstanden, wenn er das Staatswohl oder das Gemeindeinteresse 
verletzt. Da § 29 des Zuständigkeitsgesetzes nur die Befugnis der 
Aufsichtsbehörden, die Beanstandung eines Beschlusses aus anderen 
Gründen als wegen Gesetzwidrigkeit zu veranlassen, aufgehoben 
hat, zu den Aufsichtsbehörden aber weder Amtmann noch Bürger- 
meister gehören, so sind jene Bestimmungen der Gemeindeordnun- 
gen unberührt geblieben. Bei einer Beanstandung wegen Gesetz- 
widrigkeit findet wie in den östlichen Provinzen auf die Klage 
der Gemeindevertretung das Verwaltungsstreitverfahren vor dem 
Kreisausschusse statt, während bei einer Beanstandung wegen Zweck- 
widrigkeit der Kreisausschuß zu beschließen hate#). 
Nach außen hin wird die Gemeinde in Westfalen durch den 
Gemeindevorsteher, in der Rheinprovinz durch den Bürgermeister 
unter Mitwirkung des Gemeindevorstehers vertreten, denen auch 
die Ausführung der von der Gemeinde gefaßten Beschlüsse ob- 
liegt. Urkunden, welche die Gemeinden verpflichten sollen, müssen 
sowohl von dem Amtmanne oder Bürgermeister wie von dem 
Gemeindevorsteher vollzogen seins,). 
Für die Finanzverwaltung besteht derselbe Rechtszustand wie 
für die Städte. Insbesondere gilt auch hier das Kommunalabgaben- 
gesetz vom 14. Juli 189323). 
Für jede Gemeinde entwirft in Westfalen der Gemeinde- 
vorsteher in Gemeinschaft mit dem Amtmanne, in der Rhein- 
provinz der Bürgermeister einen Haushaltsetat auf höchstens drei 
Jahre, über welchen die Gemeindevertretung zu beschließen hat. 
Nach diesem Plane ist die Verwaltung zu führen. Außeretatsmäßige 
Ausgaben bedürfen außer der Zustimmung der Gemeindevertretung 
uch der Genehmigung des Kreisausschusses. Innerhalb der etats- 
oder außeretatsmäßigen Bewilligungen kann in Westfalen der Ge- 
meindevorsteher unter Mitwirkung des Amtmanns, in der Rhein- 
provinz der Bürgermeister selbständig über Ausgaben und Ein- 
  
21) Westf. LGO. 8 37, Rhein. G. 88 67, 88, 8G. 88 29, 37. 
22) Westf. LGO. 8 65, Rhein. GO. 88 100, 101. 
23) Vgl. § 107. Doch ist statt des Bezirksausschusses der Kreis- 
ausschuß zuständig.
	        
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