254 Das Verwaltungsrecht. § 115
Kreisausschusses bedarf. Die Staatsaufsicht über die Verwaltung
der selbständigen Gutsbezirke wird in derselben Weise gehandhabt
wie in den östlichen Provinzenss).
§ 115. Das Amt in Westfalen, die Bürgermeisterei in der
Nheinprovinz. 1)
Das französische Gemeinderecht, welches bis in die vierziger
Jahre des 19. Jahrhunderts in den westlichen Provinzen herrschte,
kennt die Vereinigung mehrerer selbständigen Gemeinden zu einem
größeren kommunalen Verbande, einer Samtgemeinde, nicht. Doch
hatte man bei Einführung der französischen Gemeindeverfassung
gerade in den Grenzdepartements, der heutigen Rheinprovinz, nicht
jede einzelne Ortschaft zu einer Gemeinde gemacht, sondern mehrere
Ortschaften zu einer einzigen Gemeinde vereinigt. Von der Bildung
von Samtgemeinden war hierbei nicht die Rede. Die einzelne
Ortschaft hatte gar keinen rechtlichen Sonderbestand, sondern war
nur der Bestandteil einer einheitlichen Gemeinde. Die tatsächliche
Trennung der Bestandteile machte sich jedoch wenigstens in der
Verwaltungspraxis vielfach geltend, insbesondere wurden für die
einzelnen Orte häufig auf dem Gemeindeetat besondere Abteilun-
gen gebildet, so daß sich allmählich durch die Verwaltungspraxis
ein gewisser kommunaler Sonderbestand der einzelnen Ortschaften
entwickelte, von der das geschriebene Recht nichts wußte.
Eine gesetzliche Anerkennung dieser Entwicklung enthielt zu-
erst die westfälische Landgemeindeordnung vom 3. Oktober 1841,
indem sie als Gemeinden diejenigen Orte (Dörfer, Bauerschaften
und Kirchspiele) erklärte, welche für ihre Kommunalbedürfnisse
einen eigenen Haushalt hatten, sei es auf Grund eines besonderen
Etats oder auf Grund einer Abteilung der Bürgermeisterei oder
des Kantons. Neben den Ortschaften, denen nunmehr ein kommu-
naler Sonderbestand zugesprochen wurde, gab es aber die bis-
herigen größeren Gemeinden, die Bürgermeistereien, Kantons usw.,
welche nach französischem Rechte die unterste Stufe der Gemeinde-
bildung waren. Indem man auch deren kommunalen Bestand
weiterhin anerkannte, gelangte man in der westfälischen Land-
28) Westf. LGO. 88§ 67, 68, Westf. Kr O. § 26.
1) Vgl. J. Schmitz, Die Bürgermeisterei= und Amtsverwaltung,
Neuwied 1886; sowie N. 1 zum vorigen Paragraphen.