8 117 Geschichtliche Entwicklung der Kreisverfassungen. 271
Kap. IV. Die Kreisverfassungen?).
5 117. Geschichtliche Entwicklung der Kreisverfassungen 7).
Die preußische Kreisverfassung hat sich in den mittleren Pro-
vinzen der Monarchie, der Kur= und Neumark, Magdeburg und
Pommern, seit dem dreißigjährigen Kriege aus älteren ständischen
Einrichtungen entwickelt. Die Landstände setzten sich zusammen
aus den Vertretern derjenigen städtischen Gemeinden, welche un-
mittelbar unter dem Landesherren standen und aus sämtlichen
Rittergutsbesitzern des Landes. Schon wegen der großen Kosten
und der Schwierigkeit des Verkehrs mußte man jedoch Bedenken
tragen, bei minder wichtigen Angelegenheiten die Gesamtheit der
Stände zu berufen, es genügte in diesen Fällen die Zustimmung
eines ständischen Ausschusses. Auf diesem wurden die kleineren
Immediatstädte durch die größeren mit vertreten, während für die
ritterschaftlichen Vertreter ein besonderer Wahlgang erforderlich
war. Das Mittel, den ständischen Ausschuß auf einem Landtage
zu bestellen, und ihm bis zur Berufung eines neuen Landtages
die Selbstergänzung bei Erledigung einer Ausschußstelle zu Über-
lassen, erschien den Ständen zu bedenklich, da erfahrungsgemäß
in anderen Gebieten der einmal bestellte ständische Ausschuß sehr
bald die Gesamtheit der Stände verdrängte. Man schlug daher
in Brandenburg einen anderen Weg ein durch jedesmalige Neu-
wahl der Ausschußmitglieder, sobald sich das Bedürfnis einer Be-
rufung des Ausschusses ergab. Bei der Zersplitterung der Gerichts-
barkeit und Polizei unter einzelne Patrimonialherrschaften und
Aemter gab es im allgemeinen keine Verwaltungseinteilung, welche
man für die Wahlkreise zur Bestellung der Ausschußmitglieder
hätte zugrunde legen können. Allein der Amtssprengel der Voll-
streckungsbeamten der oberen Gerichtshöfe, der der Landreiter, er-
*) Vgl. Schön, NRecht der Kommunalverbände, S. 361 ff;
v. Nönne-Zorn, Pr. StR. BVd. 2, S. 324 f, 624f f; H. Schulze,
Prg. StR. Bd. 1, S. 497ff; v. Stengel, Die Organisation der preuß.
Verwaltung nach den neuen Neformgesetzen, Leipzig 1884, S. 100 ff.
Bearbeitungen der Kreisordnungen bei v. Brauchitsch, Verwaltungs-
gesetze Bd. 2 und in den Provinzialergänzungsbänden.
1) Vgl. Bornhak, Preußische Staats= und Rechtsgeschichte an den
verschiedensten Stellen; E. Meier, Reform der Verwaltungsorganssation
unter Stein und Hardenberg S. 98 ff., 357 ff.