Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 117 Geschichtliche Entwicklung der Kreisverfassungen. 277 
die Finanzverwaltung ging aber vollständig auf die Organe der 
Kreise über. 
In ähnlicher Weise wurde in Ostfriesland, wo eine Kreis- 
einteilung nicht stattfand, die ständische Selbstherrlichkeit zurücck- 
gedrängt zu einer Verfassung, die ungefähr der der größeren mär- 
kischen Kreise entsprach. Die ständische Versammlung, in der 
neber. 180 bäuerlichen Vertretern nur 15 städtische Abgeordnete 
und 9 Mitglieder des Landesadels saßen, wurde beschränkt auf 
die Umlegung der Steuern, während das bisherige Administrations- 
kollegium, nunmehr unter der Aufsicht der Kriegs= und Domänen- 
kammer, für die laufende Steuerverwaltung ungefähr die Stellung 
eines märkischen Kreisdirektoriums einnahm, jedoch mit dem Unter- 
schiede, daß seine Tätigkeit sich auf die Steuerangelegenheiten be- 
schränkte. 
Weniger gelungen ist die Uebertragung der Kreisverfassung 
auf dic anderen Gebiete, Ost= und Westpreußen und Kleve-Mark. 
Es fehlte hier die organische Entwicklung der Kreise aus den 
älteren ständischen Organen heraus, wie sie in den mittleren Pro- 
vinzen durch die Kreisstände, in Minden, Ravensberg, Tecklenburg, 
Lingen und Ostfriesland durch die Landstände der einst selbständigen 
Gebiete, in Schlesien durch die frühere Fürstentumsverfassung an- 
gebahnt war. Nur in Kleve-Mark bestand ein etwas den Kreis- 
tagen Aehnliches in den vorzugsweise aus bäuerlichen Besitzern 
zusammengesetzten Erbentagen der einzelnen Aemter, deren Haupt- 
tätigkeit ebenfalls die Umlegung und Verwaltung der Steuern 
war. Man begnügte sich daher, als man 1752 die Kreisver- 
fassung auf Ostpreußen übertrug, damit, das Land in Kreise ein- 
zuteilen und für jeden Kreis dasselbe Kreisverwaltungspersonal 
zu bestellen wie in der Mark, ohne daß man jedoch die Kreise 
zu kommunalen Verbänden umgestaltete oder Kreistage einrichtete. 
Die ostpreußischen Kreise waren daher lediglich Unterpräfekturen 
der Kriegs= und Domänenkammer, die untersten rein staatlichen 
Verwaltungsbezirke des flachen Landes, eine weitere Bedeutung 
kommt ihnen nicht zu. Diese ostpreußische Kreisverfassung wurde 
nach der Erwerbung Westpreußens auch auf diese Provinz über- 
tragen. In Kleve-Mark, auf welches 1753 die Kreisverfassung 
ausgedehnt wurde, ließ man die an die Amtsbezirke anknüpfenden 
Erbentage und die Rezepturen für den Bezirk eines Erbentages
	        
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