316 Das Verwaltungorecht. § 121
Die Uebernahme der dem Kreise gesetzlich obliegenden Leistungen
wird erzwungen durch die Zwangsetatisierung. Unterläßt oder ver
weigert ein Kreis die ihm gesetzlich obliegenden, von der Behörde
innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellten Leistungen
auf den Haushaltsetat zu bringen oder außerordentlich zu ge
nehmigen, so verfügt der Regierungspräsident unter Angabe der
Gründe die Eintragung in den Etat oder die Feststellung der außer-
ordentlichen Ausgaben. Gegen die Verfügung des Regierungs
präsidenten steht dem Kreistage innerhalb zwei Wochen die Klage
bei dem Oberverwaltungsgerichte zu. Zur Ausführung der Rechte
des Kreises kann der Kreistag einen besonderen Vertreter bestellen.
Die staatliche Aufsicht wird weiter geltend gemacht durch die
in bestimmten Fällen erforderliche Genehmigung oder Bestätigung
der Beschlüsse der kommunalen Körperschaften entweder durch den
König oder durch staatliche Organe. Wann diese höhere Ge-
nehmigung einzutreten hat, ist bereits oben bei Erörterung der
einzelnen Arten kommunaler Beschlüsse hervorgehoben worden. Ab-
weichend von der sonstigen Gestaltung des staatlichen Aufsichtsrechtes
hat, soweit die Genehmigung erfordert wird, der zu ihrer Erteilung
Berufene nicht nur deren Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweck
dnäßigkeit zu prüfen, bevor er seine Entschließung faßt.
Endlich kommt als außerordentliche Aufsichtsbefugnis noch in
Betracht die Auflösung des Kreistages. Auf den Antrag des Staats-
ministeriums kann ein Kreistag durch königliche Verordnung auf
gelöst werden. Die anzuordnenden Neuwahlen müssen binnen sechs
Monaten vom Tage der Auflösung an erfolgen. Im Falle der
Auflösung eines Kreistages bleiben die von ihm gewählten Mit-
glieder des Kreisausschusses und der Kreiskommissionen so lange
in Wirksamkeit, bis der neu gebildete Kreistag die erforderlichen
Neuwahlen vollzogen hat (88 176— 180 O., 8S8 103—108 H.,
86 10 1—109 H.-N., §§ 91. 96 W., Rh., §§ 139 144 Sch.-H.,
8 4 ZG.is).
In der Provinz Posen ergibt sich eine durchaus abweichende
Gestaltung des staatlichen Aufsichtsrechts aus der unselbständigen
Stellung des Kreistages. Da dessen Beschlüsse entweder einer
höheren Bestätigung zu ihrer Wirksamkeit bedürfen, oder gar bloß
15) Wegen des Kreises Herzogtum Lauenburg vgl. § 119 N. 2.