§ 127 Entstehung u. jetziger Umfang d. größeren Kommunalverbände, 357
Machtstellung des Großgrundbesitzes innerhalb der provinziellen
Vertretungen, die über seine wahre wirtschaftliche und politische
Bedeutung weit hinausging, dringend eine andere Bildung der
Provinzialversammlungen erforderte. Die bereits mehrfach er-
wähnte Kreis-, Bezirks= und Provinzialordnung vom 11. März
1850 suchte diesem Bedürfnisse gerecht zu werden, indem sie
einmal die Provinzialversammlung nicht mehr nach Besitzmassen
sich zusammensetzen, sondern von den neugestalteten Kreistagen
die Mitglieder des Provinziallandtages wählen ließ, und indem
sie weiterhin die Provinzialversammlung beschränkte auf die Be-
schlußfassung in Kommunalangelegenheiten, die Ausführung der
Beschlüsse, soweit nicht besondere ständische Ausschüsse bestellt
waren, dem Oberpräsidenten überlassend. Bei dem engen Zu-
sammenhange, in dem diese neue Provinzialverfassung mit der
sich als undurchführbar erweisenden Umgestaltung der Gemeinde-
und Kreisverfassungen stand, mußte aber auch die Reform der
Provinzialverwaltung vorläufig aufgeschoben werden. Das Gesetz
vom 24. Mai 1853) suspendierte daher gleichzeitig mit der Ge-
meindeordnung vom 11. März 1850 auch die Kreis-, Bezirks-
und Provinzialordnung von demselben Tage und setzte die ständische
Gesetzgebung der zwanziger Jahre wieder in Kraft.
Mit dem Erwerbe der neuen Provinzen Hannover, Schleswig-
Holstein und Hessen-Nassan wurde deren allgemeine Landesver-
waltung in der Provinzialinstanz nach dem Vorbilde der alten
Provinzen unter einem Oberpräsidenten organisiert, und die in
den anderen Landesteilen für die allgemeine Landesverwaltung
der Provinz geltende Gesetzgebung unmittelbar in Kraft gesetzt.
Die Verordnungen vom 22. August 1867¼) und 22. September
18671) erklärten außerdem die Provinzen Hannover und Schleswig-
Holstein zu Kommunalverbänden. Die kommnnalen Vertretungen
beider Provinzen wurden zwar ebenfalls nach Besitzmassen ge-
bildet, doch trat an die Stelle des Rittergutsbesitzes der Groß-
grundbesitz überhaupt, und erfuhr das in den alten Provinzen
bestehende Uebergewicht des Großgrundbesitzes über die anderen
Besitzmassen eine bedeutende Ermäßigung. Abgesehen von den
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16) GS. 1853, S. 238.
14) G. 1867, S. 1349.
15) GS. 1867, S. 1587.