Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

3568 Das, Verwaltungsrecht, § 127 
virilstimmberechtigten Standesherren waren auf beiden Provinzial- 
landtagen die drei Klassen Großgrundbesitz, Landgemeinden und 
Städte gleich stark vertreten. In Hannover war überdies der 
Oberpräsident mit der kommunalen Verwaltung nicht befaßt, 
sondern diese stand einem ständischen Ausschusse und einem vom 
Provinziallandtage gewählten Landesdirektorium zu. Auch war 
die Provinz zur Erfüllung ihrer kommunalen Aufgaben mit 
staatlichen Mitteln reich ausgestattet worden. 
In Hessen-Nassau erschien dagegen bei der Zusammensetzung 
der Provinz aus mehreren bisher selbständigen Staaten die 
Bildung eines einheitlichen Kommunalverbandes noch nicht möglich. 
Es wurden daher durch die Verordnungen vom 20. und 
26. September 186 716) der Regierungsbezirk Kassel einerseits und 
der Regierungsbezirk Wiesbaden mit Ausschluß der Stadt Frank- 
furt a. M. andererseits als besondere Kommnnalverbände ge- 
staltet. Der Kommunallandtag für den Regierungsbezirk Kassel 
wurde in derselben Weise gebildet wie die bisherigen kurhessischen 
Landstände, nämlich nach den vier Ständen a) Standesherren 
und Ritterschaft, b) Städte, c) Landgemeinden, d) höchstbesteuerte 
Grundbesitzer und Gewerbetreibende, die ungefähr gleich stark ver- 
treten waren. Für den Regierungsbezirk Wiesbaden setzte sich 
dagegen der Kommunallandtag zusammen aus den Standesherren, 
zwei gewählten Vertretern der Großgrundbesitzer und je zwei Ab- 
geordneten der innerhalb des Kommunalverbandes belegenen 
Kreise. Die kommunale Verwaltung wurde wie in Hannover 
ständischen Ausschüssen und Behörden übertragen, auch erhielten 
beide Verbände eine Dotation aus Staatsmitteln. 
Die in den neuen Provinzen versuchte Uebertragung der Kom- 
munalverwaltung auf kommunale Organe statt des Oberpräsi- 
denten bewährte sich so gut, daß sie während der folgenden Jahre 
im Verwaltungswege durch vom Könige bestätigte Ordnungen auch 
in den Provinzen Schlesien, Sachsen, Westfalen und der Rhein- 
provinz vorgenommen wurde. Auch erforderte schon die gleich- 
mäßige Behandlung aller Landesteile eine Ausstattung auch der 
alten Provinzen mit staatlichen Mitteln zu kommunalen Zwecken 
unter Ueberweisung der entsprechenden Verpflichtungen. Dies 
  
16) G. 1867, S. 1537, 1659.
	        
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