Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 90 Begründung des Staatsdienstes. 33 
dienst nicht rechtfertigen. Die Verwechslung von Staatsdienst und 
Amtstätigkeit mag viel zu dem Irrtume der Gönnerschen Schule 
von einer allgemeinen Staatsdienstpflicht der Untertanen beige- 
tragen haben. Die Erfüllung der Dienstpflichten seitens der bereits 
im Staatsdienste befindlichen Personen wird erzwungen, nicht der 
Eintritt in den Staatsdienst selbst. Hierzu fehlt es an jeder recht- 
lichen Grundlage, obgleich kein positives Recht gehindert wäre, 
eine solche allgemeine Verpflichtung aufzustellen und zu erzwingen. 
Besteht aber für diese Art von Beamten eine allgemeine Ver- 
pflichtung zum Eintritt in den Staatsdienst nicht, so kann der 
Staat die den Staatsdienst begründende tatsächliche Anordnung 
nur treffen mit Zustimmung des anzustellenden Beamten. Diese 
Zustimmung ist daher eine rechtliche Voraussetzung für den Erlaß 
der tatsächlichen Anordnung, der Bestallung. 
Der den Staatsdienst begründende Akt kann aber nicht die 
beiderseitige Uebereinstimmung des Staates und des Beamten, 
sondern einzig und allein der Staatsakt der Bestallung sein. Soweit 
nicht Normen zwingender Natur im Wege stehen, darf der anzu- 
stellende Beamte seine Zustimmung zum Eintritte in den Staats- 
dienst auch unter Einschränkungen geben, sich z. B. ein höheres 
Gehalt als das bisher etatsmäßige, einen höheren Rang und der- 
gleichen ausbedingen. Der Inhalt der Bestallung muß jedenfalls 
der gegebenen Zustimmung entsprechen. Es fragt sich nur, welche 
Rechtsfolge eintritt, wenn der Inhalt der Zustimmung des Beamten 
und der der Bestallung mit einander nicht übereinstimmen. Ist 
die Zustimmung wesentliche Voraussetzung für Erteilung der Be- 
stallung, so daß eine ohne Zustimmung erteilte Bestallung nichtig 
ist, oder ist das Erfordernis der Zustimmung bloß als instruktionell 
zu betrachten? Letztere Ansicht erscheint als die richtige. Es wird 
nicht erfordert, daß der Beamte seine Zustimmung vor Erteilung 
der Bestallung, ja nicht einmal, daß er sie ausdrücklich erteilt. 
Ist nun aber die Erteilung der Bestallung der allein den Staats- 
dienst begründende Akt, und braucht diesem die Zustimmung des 
zu ernennenden Beamten nicht vorauszugehen, so kann auch eine 
ohne diese Zustimmung erteilte Bestallung nicht nichtig sein. Das 
Staatsdienstverhältnis würde also auch ohne die Zustimmung des 
Beamten rechtlich begründet sein, und es müßte diesem überlassen 
bleiben, es wieder rückgängig zu machen, indem er seine Entlassung 
Vornhak, Preußisches Staatsrecht II. 2. Aufl. 8
	        
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