34 Das Verwaltungsrecht. 8 90
fordert. Der Einseitigkeit des Staatsaktes, durch den das Bramten—
verhältnis begründet wird, entspricht die äußere Form der Er-
teilung einer Bestallungsurkunde. Auch für die Kommunalbeamten
schreibt § 1 des Kommunalbeamtengesetzes vom 30. Juli 1899
vor, daß die Anstellung durch Aushändigung einer Bestallungs-
urkunde erfolgt.
Nach § 84 II, 10 ALR. werden Titel und Rang, welche mit
dem Amte verbunden sind, nebst den davon abhängenden Vorrechten
schon durch die darüber ausgefertigte Bestallung verliehen. Die
Ausfertigung der Bestallung allein, also der einseitige Staatsakt,
verleiht demnach die mit dem Staatsdienstverhältnisse verknüpften
Vorrechte. Auch hieraus ergibt sich, daß das preußische Staats-
recht die Vollziehung des staatlichen Aktes, von dem der neue
Beamte gar nichts zu wissen braucht, für den den Staatsdienst be-
gründenden Akt ansieht. Es fehlt zu dieser Bestimmung die not-
wendige Ergänzung, welche durch das Wort „schon“ angedeutet
wird. Die Rechte des Beamten verleiht „schon“ die Ausfertigung
der Bestallung, was wird nun „erst“ durch einen anderen Vorgang
begründet? Den Rechten kann offenbar nichts anderes gegenüber-
stehen als die Pflichten. Pflichten kann niemand überkommen,
der von ihnen nichts weiß. JFolglich können die Pflichten des
Beamten ihm erst von dem Zeitpunkte an obliegen, in dem er von
der Ausfertigung der Bestallung Keuntnis erhalten hat. Dies ist
der durch das Wort „schon“ angedeutete Gedankengang des Ge-
setzgeberss).
Die Ernennung der Beamten kann entweder vom Könige per-
sönlich oder von denjenigen Organen des Staates ausgehen, denen
die Ausübung des Ernennungsrechtes im einzelnen Falle über-
tragen isto). Welche Beamten vom Könige persönlich, welche von
Organen des Staates ernannt werden, ist in der Verordnung vom
8) Wenn man die Auffassung von Pözl, Staatswörterbuch
Band 9, S. 692, die Pflichten entständen später als die Rechte,
als unhaltbar ansieht, so mag darüber vom allgemeinen Stand-
punkte zu rechten sein. Das positive preußische Recht spricht dies
jedenfalls ausdrücklich aus, und damit erscheint die Frage hier für die
juristische Behandlung erledigt. Der Erwerb von Rechten durch Aus-
fertigung der Bestallung allein, wie ihn das ALR. II, 10, § 84 anerkennt,
ist jedenfalls mit der Labandschen Vertragstheorie völlig unvereinbar.
) Vgl. 8§ 75.