Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

418 Das Verwaltungsrecht. 8 135 
§ 135. Staatsministeriumt) und Kabinett. 
I. Die Organisation des Staatsministeriums, welches teil- 
weise an die Stelle des von Stein geplanten Staatsrates trat, 
beruht auf der Kabinettsordre vom 3. Juni 1814:), ergänzt durch 
die Kabinettsordre vom 3. November 1817 wegen der Geschäfts- 
führung bei den Oberbehördens). 
Das Staatsministerium besteht aus den Leitern der neun 
Staatsministerien und den etwa ernannten Staatsministern ohne 
Portefeuille. Letztere haben kein Einzelministerium zu verwalten, 
sondern sind bloß Mitglieder des Staatsministeriums als Ge- 
samtheit. Meist werden zu Ministern ohne Portefeuille die Leiter 
der wichtigeren Reichsämter"!) ernannt, um dadurch eine Ver- 
bindung zwischen der preußischen und der Reichspolitik herzu- 
stellen. Den Vorsitz im Staatsministerium kann der König selbst 
übernehmen, dann führt die Versammlung die Bezeichnung Kron- 
rat. Dies geschieht jedoch nur bei wichtigeren politischen Be- 
ratungen. Gewöhnlich versammelt sich das Staatsministerium in 
Abwesenheit des Königs. 
Den Vorsitz sollte in diesen Fällen nach der Kabinettsordre 
vom 3. Juni 1814 der Staatskanzler führen. Da ein solcher 
aber seit Hardenbergs Tode nicht wieder ernannt wurde, trat 
an seine Stelle ein Präsident, zu dessen Vertretung ein Vize- 
präsident des Staatsministeriums ernannt werden kann. Ist dies 
nicht geschehen, so vertritt ihn der dienstälteste Minister. Die 
Befugnisse des Ministerpräsidenten beschränken sich auf die formelle 
Geschäftsleitung des Staatsministeriums als Gesamtheit, im 
übrigen steht er den anderen Ministern rechtlich vollkommer gleich. 
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ministeriums, Göttingen 1893; Gneist, Die verfassungsmäßige Stellung 
des preußischen Gesamtministeriums und die rechtliche Natur der könig- 
lichen Ratskollegien, Berlin 1895; Knischewsky, Das preußische 
Gesamtministerium, Berlin 1902; Krausc, Ist das preußische Staats“ 
ministerium eine kollegial eingerichtete oberste Staatsbehörde?, Königs-- 
berg 1902. 
2) G. S. 1811, S. 40. 
5) G. S. 1817, S. 289. 
4) Zurzeit die Staatssekretäre des JInnern und im Neichsmarine" 
amte. Je größer die Zahl dieser Untergebenen des Reichskanzlers, um 
so stärker sein Einfluß im Staatsministerium.
	        
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