Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

420 Das Verwaltungsrecht. 8 135 
und Exekutive hat man keine Unvollkommenheit zu sehene), 
sondern das dem Wesen eines Ministeriums im monarchischen 
Staate entsprechende. Aber auch für die bloß beratenden Be- 
schlüsse ist nicht die Mehrheit des gewöhnlichen Kollegialitäts- 
prinzipg's maßgebend. Die Verantwortlichkeit des einzelnen 
Ministers für die Gesamtpolitik des Staatsministeriums bleibt 
unter allen Umständen bestehen, er kann sich nicht mit dem 
Mehrheitsbeschlusse decken, sondern muß zurücktreten, wenn er 
diesen nicht billigt. Die Beschlüsse des Staatsministeriums er- 
fordern also für alle wichtigen Fragen Einstimmigkeit oder Rück- 
tritt der gegenüber der königlichen Entschließung Unterliegenden, 
mögen sie Mehrheit oder Minderheit sein, Ausnahmen sind nur 
für richterliche Entscheidungen als oberstes Disziplinargericht oder 
unbedeutende Nebenfragen anzuerkennen. 
Hauptaufgabe des Staatsministeriums ist es, gegenüber den 
einseitigen Sonderinteressen der einzelnen Verwaltungsfächer die 
Einheit des Staatswillens, die sich sonst nur im Könige ver- 
körpern würde, auch in der Verwaltung des Staates zur Geltung 
zu bringen. Das Staatsministerium sollte sich daher nach der 
Kabinettsordre vom 3. Juni 1814 wöchentlich einmal oder, falls 
es nötig sein würde, mehrmals versammeln, um allgemeine Gegen- 
stände und solche, wo die Fächer ineinandergreifen und eine gemein- 
schaftliche Ueberlegung erforderlich ist, gemeinsam zu beraten. 
Dies wurde im einzelnen genauer ausgeführt durch die Kabinetts- 
ordre vom 3. November 1817. Durch sie wurde es jedem Mi- 
nister zur Pflicht gemacht, damit das gesamte Staatsministerium 
das Ganze der Staatsverwaltung stets übersehe, von Zeit zu Zeit 
allgemeine Uebersichten der ihm anvertrauten Geschäftszweige zur 
Kenntnis des Staatsministeriums zu bringen. Außerdem sollten 
in ihm insbesondere folgende Gegenstände vorgetragen und be-' 
raten werden: 
1. alle Entwürfe zu neuen Gesetzen und Abänderungen ohn 
6) So Zorn, a. a. O., dagegen richtig für das Verhältnis L 
Könige Gneist a. a. O., der jedoch auch die Einschränkung des W 
gialitätsprinzips nicht berütassichtigt. Kunischewsky und Krause folge 
im wesentlichen der Zorunschen Ansicht; Krause will sogar die weiterei 
Bestimmungen über die Kollegialität aus dem ALN. II, 10 88 114|f1 
entnehmen.
	        
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