Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

438 Das Verwaltungsrecht. § 138 
nur wenige Jahre bestanden. Ein besonderes Bezirksverwaltungs- 
gericht neben der Regierung und neben der Verwaltungsbeschluß- 
behörde des Regierungsbezirks, dem Bezirksrate, machte den Ver- 
waltungsorganismus in hohem Grade verwickelt, war aber anderer- 
seits für den Rechtsschutz überflüssig, da über der Bezirksinstanz 
das Oberverwaltungsgericht in voller richterlicher Unabhängigkeit 
bestand. Durch das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung 
vom 30. Juli 1883½) wurden daher Bezirksverwaltungsgericht 
und Bezirksrat zu einer einzigen Behörde, dem Bezirksausschusse, 
unter dem Vorsitze des Regierungspräsidenten verschmolzen. Es 
sind demgemäß jetzt die beiden unteren Instanzen für die Hand- 
habung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mehr auf diese allein 
beschränkt. Der Kreisausschuß ist gleichzeitig kommnnales Ver- 
waltungsorgan des Kreises, Verwaltungsbeschlußbehörde und Ver- 
waltungsgericht, der Bezirksausschuß vereinigt in sich die beiden 
letzteren Tätigkeiten, nur das Oberverwaltungsgericht ist aus- 
schließlich Verwaltungsgerichtshof. Das Landesverwaltungsgesetz 
vom 30. Juli 1883 nahm aber ferner die Bestimmungen des 
Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 3. Juli 1875 mit geringen Ver- 
änderungen in sich auf, so daß davon nur die wenigen die Organi- 
sation des Oberverwaltungsgerichts betreffenden Anordnungen in 
Kraft blieben. 
Diese Reformgesetze wurden zunächst nur für das Gebiet der 
Kreisordnungsprovinzen in Kraft gesetzt. Mit dem Erlasse neuer 
Kreisordnungen für die meisten Provinzen hat auch die Anus- 
dehnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf sie und zuletzt auf 
Posen stattgefunden. Sie besteht daher gegenwärtig für das ganze 
Staatsgebiet. 
§ 138. Wesen der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 
In Deutschland bestanden bis in die neueste Zeit und be- 
stehen zum Teil noch jetzt verschiedene Systeme der Verwaltungs- 
gerichtsbarkeit neben einander die ihre Entstehung um Jahrhunderte 
von einander entfernten Zeitperioden verdanken. Eine Verstän- 
digung über das Wesen der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nun 
deshalb so außerordentlich schwierig, weil jeder, wenn von der 
13) GS. 1883, S. 195.
	        
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