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gebung nicht vermeiden. Endlich ist vielfach die Promptheit der
Verwaltung von viel größerem Werte als die absolute Sicherung
des Rechtsschutzes. Unter diesen Umständen blieb nichts anderes
übrig als eine kasuistische Aufzählung aller derjenigen Fälle,
in denen das Verwaltungsstreitverfahren Platz greifen sollte.
Die preußische Gesetzgebung beschränkt aber ferner die Ver-
waltungsrechtspflege auf diejenigen Fälle, in denen ein einzelner
Staatsangehöriger oder eine Korporation durch die falsche Rechts-
anwendung betroffen wird, sie schließt die Verwaltungsklage aus
gegenüber einer irrtümlichen Rechtsanwendung, welche sich ledig-
lich innerhalb des Behördenorganismus bewegtu). .
Ausnahmsweise kommt es auch vor, daß die Verwaltungs-
gerichte in den Formen des Verwaltungsprozesses keine Rechts-
kontrolle gegenüber anderen Behörden üben, sondern selbst die
ursprüngliche tatsächliche Anordnung erlassen. Dies trifft z. B.
zu bei gewissen Konzessionserteilungen und -Entziehungen. Hier
liegt eine Verwaltungsgerichtsbarkeit nur der Form, aber nicht
dem Inhalte nach vor. Das Wesen der Verwaltungsgerichtsbar-
keit ist eben nicht aus vereinzelten Ausnahmeerscheinungen, sondern
aus der Regel der großen Masse der Fälle zu entnehmen.
§ 139. Die Verwaltungsgerichte.
Ein besonderer Behördenorganismus für die Ausübung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht im allgemeinen nicht. Inner-
halb des Kreises wirkt als Verwaltungsgericht der Kreisaus-
schußt), innerhalb des Regierungsbezirkes der Bezirksausschuß).
Weder Kreisausschuß noch Bezirksausschuß sind aber ausschließlich
mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit befaßt. Der Kreisausschuß
ist gleichzeitig kommunale Verwaltungsbehörde des Kreises und
Verwaltungsbeschlußbehörde, der Bezirksausschuß gleichzeitig Ver-
waltungsbeschlußbehörde.
Kreisausschuß wie Bezirksausschuß sind in derselben Zu-
sammensetzung wie bei ihrer sonstigen Tätigkeit auch als Ver-
waltungsgerichte wirksam. Lediglich das Verfahren, welches sie
14) Vgl. Entsch. des OVG. vom 12. Dezember 1877, Bd. 3, S. 345.
1) Vgl. darüber 8 120. An seine Stelle treten in den Stadtkreisen
der Stadtausschuß und in Hohenzollern der Amtsausschuß.
:) Vgl. darüber § 125.
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