Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

468 Das Verwaltungsrecht. 8 140 
aus demselben Grunde jede Befugnis zustehen, die eine Prozeß- 
partei hat, insbesondere auch die zur Einlegung der Rechtsmittel. 
Selbstverständliche Voraussetzung ist dabei, daß der Beigeladene 
durch das Urteil in seiner Rechtsstellung verletzt zu sein be- 
hauptet, und daß dabei überhaupt durch das Verwaltungsstreit- 
verfahren geschützte rechtliche Interessen in Frage kommen?). Die 
Teilnahme an dem Rechtsstreite hängt ferner für den dritten 
immer von der vorherigen Beiladung seitens des Gerichts ab, 
zu der dieses nur berechtigt, aber nicht verpflichtet ist. Ver- 
fügt das Gericht die Beiladung nicht, so besteht für den dritten, 
selbst wenn er durch den Prozeß in seinem Interesse berührt 
wird, keine Möglichkeit sich daran zu beteiligen. Eine Neben- 
intervention, wie sie im Zivilprozesse stattfindet, ist also im Ver- 
waltungsstreitverfahren ausgeschlossento). 
Die mündliche Verhandlung erfolgt in öffentlicher Sitzung 
des Gerichts. Doch kann die Oeffentlichkeit durch einen öffentlich 
zu verkündenden Beschluß des Gerichts ausgeschlossen werden, 
wenn das Gericht dies aus Gründen des öffentlichen Wohles oder 
der Sittlichkeit für angemessen erachtet. Außerdem kann der Vor- 
sitzende aus der öffentlichen Sitzung jeden Zuhörer entfernen lassen, 
der Zeichen des Beifalls oder des Mißfallens gibt oder Störung 
irgendwelcher Art verursacht. Parteien, Zeugen und Sachver- 
ständige, welche den zur Aufrechterhaltung der Ordnung er- 
lassenen Befehlen des Vorsitzenden nicht gehorchen, können zwar nicht 
durch den Vorsitzenden, aber auf Beschluß des Gerichts aus dem 
Sitzungszimmer entfernt werden. Gegen die bei der Verhandlung 
beteiligten Personen wird sodann in gleicher Weise verfahren, 
wie wenn sie sich freiwillig entfernt hätten (8 72 L.). 
In der mündlichen Verhandlung erscheinen die Parteien 
persönlich oder ihre mit Vollmacht versehenen Vertreter. Die 
Parteien sind in der Wahl der von ihnen zu bestellenden Be- 
vollmächtigten nicht beschränkt. Das Gericht kann jedoch Ver- 
––. — 
zielender Parteiantrag vorliege, beruht auf der irrtümlichen Ansicht, daß 
für den Verwaltungsprozeß die Verhandlungsmaxime maßgebend sei. 
Allerdings kann der Verwaltungsprozeß nicht beginnen, wenn kein Partei- 
antrag vorliegt, ist er aber einmal im Gange, so erscheint das Gericht 
nicht mehr durch Parteianträge gebunden. 
9) Vgl. Entsch. des OVG. vom 19. Juni 1879, Bd. 5, S. 463. 
10) Vgl. Entsch. des OVG. vom 30. April 1884, Bd. 11, S. 139.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.