Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

470 Das Verwaltungsrecht. § 110 
Gerichts hat dahin zu wirken, daß der Sachverhalt vollständig 
aufgeklärt, und die sachdienlichen Anträge von den Parteien ge 
stellt werden. Er kann auch einem Mitgliede des Gerichts ge 
statten, das Fragerecht auszuüben. Eine Verpflichtung, die Frage 
zu stellen oder stellen zu lassen, liegt jedoch dem Vorsitzenden 
nur dann ob, wenn das Gericht die Frage für angemessen er- 
achtet (6§ 71 LVG.). 
Die mündliche Verhandlung erfolgt unter Zuziehung eines 
vereidigten Protokollführers. Das Protokoll muß die wesentlichen 
Hergänge der Verhandlungu) enthalten. Es wird von dem Vor- 
sitzenden und dem Protokollführer unterzeichnet (§ 75 LV.). 
Es fragt sich endlich noch, welche Versäumnisfolgen sich 
daran knüpfen, wenn eine Partei in dem Termine zur mündlichen 
Verhandlung nicht erscheint. Die Antwort auf diese Frage er- 
gibt die Verwarnung, unter der die Parteien vorgeladen werden. 
Nach §8 68 LVG. soll jede Vorladung einer Partei unter der 
Verwarnung geschehen, daß bei ihrem Ausbleiben nach Lage der 
Verhandlungen werde entschieden werden. Dem Ausbleiben der 
Partei steht natürlich der Fall gleich, daß sie keine Erklärung 
abgibt oder keinen Antrag stellt, also in der mündlichen Ver 
handlung sich lediglich passiv verhält. Eine Folgerung aus diesem 
allgemeinen Grundsatze zieht § 79 LVG., wonach beim Aus 
bleiben der betreffenden Partei oder in Ermangelung einer Er 
klärung seitens ihrer die von der Gegenpartei vorgebrachten Tat 
sachen für zugestanden angenommen werden können. Aber es ist 
unzutreffend, die Zulässigkeit der Entscheidung nach Lage der 
Sache einzig und allein auf letzteren Fall zu beschränken und 
im übrigen als Folge des Ausbleibens anzunehmen, daß der 
Prozeß bis zur Wiederaufnahme seitens einer Partei ruhen 
bleibems). Für letztere Ansicht kann man sich auch nicht auf § 80 
LVG. berufen. Er gestattet allerdings die Fällung der Ent 
scheidung ohne vorgängige Anberaumung einer mündlichen Ver- 
handlung dann, wenn beide Teile auf eine solche ausdrücklich ver 
zichtet haben. Dieser allgemeine Grundsaß ist aber bereits durch 
1!) Die bereits mehrfach erwähnten Geschäftsregulative der Ver- 
waltungsgerichte bestimmen im einzelnen, welche Hergänge der Ver- 
handlung als wesentlich in das Protokoll aufzunehmen sind. 
!2) v. Stengel a. a. O. S. 514.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.