Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

* 110 Das Verfahren in erster Instanz. 473 
erwähnt das Gesetz ausdrücklich nur noch die Vornahme von Unter- 
suchungen an Ort und Stelle, also die Einnahme des richter- 
lichen Augenscheins. 
* In einem anderen Zusammenhange, nämlich bei den Be- 
stimmungen über den Schriftenwechsel, nennt das Gesetz auch noch 
die Urkunden als Beweismittel, so daß über die Zulässigkeit des 
Urkundenbeweises nicht der geringste Zweifel obwaltet. Nur können 
allerdings die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die ver- 
schiedene Beweiskraft öffentlicher und privater Urkunden für den 
Verwaltungsprozeß in Ermangelung positiver Bestimmungen hier- 
über nicht als maßgebend gelten. Da die Beeidigung der Echtheit 
oder der Unechtheit einer Urkunde seitens einer Partei nur den 
Charakter des gewöhnlichen Parteieides hat, dieser aber, wie so- 
gleich darzutun sein wird, im Verwaltungsprozesse überhaupt nicht 
zulässig ist, so kann der Beweis der Echtheit oder Unechtheit 
einer Urkunde nicht durch den Eid geführt werden. In Er- 
mangelung jeglicher beengenden Vorschriften über den Urkunden- 
beweis, wie solche im Zivilprozesse bestehen, hat somit das Ver- 
waltungsgericht über die Echtheit und die Beweiskraft der Urkunden 
nach seinem freien Ermessen zu entscheiden (88 76—78 LW.). 
s) Dagegen kann der Parteieid als ein zulässiges Beweis- 
mittel im Verwaltungsstreitverfahren nicht betrachtet werdenuz. 
Allerdings ist in dieser Beziehung nicht schon die Tatsache ent- 
scheidend, daß das Gesetz den Eid nicht als Beweismittel erwähnt, 
denn das Gesetz gibt überhaupt keine erschöpfende Beweistheorien). 
Der Parteieid enthält einmal ein Vergleichsmoment, indem eine 
Partei auf eine Behauptung verzichtet, wenn der Gegner das 
  
18) So in ständiger Rechtsprechung das OVG. vom 20. Mai 1882, 
Bd. 9, S. 82; 17. November 1892, Bd. 24, S. 278, 25. Nov. 1892, 
Bd. 23, S. 44; 13. Juni 1893, Bd. 25, S. 253, indem es sich rnt- 
weder einer näheren Begründung enthält oder auf den Mangel einer 
LDesetzlichen Grundlage verweist. Anderer Ansicht in ständiger Rechtsprechung 
das Bundesamt für das Heimatwesen, Entsch. 2, 65; 12, 137; 13, 170; 
17, 142; 18, 158 ohne nähere Begründung. Die unteren Instanzen 
lind damit in der schwierigen Lage, je nach dem die oberste Instanz das 
O##.oder das Bundesamt ist, den Parteieid zulassen oder ablehnen 
u müsssen. 
19) Deshalb ist die Begründung der Entsch. des O##. vom 17. Nov. 
1892, Bd. 14, S. 278, unzureichend.
	        
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