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verbleibt. Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen,
auch wenn die Frist verstrichen ist (88 82—87 L.).
Nach Ablauf der Frist werden die Verhandlungen dem Be-
rufungsgerichte eingereicht, und die Parteien hiervon unter ab-
schriftlicher Mitteilung der eingegangenen Gegenerklärungen be-
nachrichtigt (88 88 LVG.).
Die Berufung hat den vollen Suspensiv= und Devolutiv-
effekt. Sie hat den Suspensiveffekt, d. h. durch ihre Einlegung
wird der Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Urteils und
damit die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung aus ihm verhindert.
(Während aber im Zivilprozesse der Suspensiveffekt der Berufung
dadurch abgeschwächt wird, daß in zahlreichen Fällen trotz der
Einlegung der Berufung das angefochtene Urteil vorläufig voll-
streckt werden kann, ist im Verwaltungsprozesse die Zwangsvoll-
streckung nur aus rechtskräftigen Urteilen zulässig. Da nun aber
die Rechtskraft durch Einlegung eines Rechtsmittels gehemmt wird,
so ist im Verwaltungsstreitverfahren der Suspensiveffekt der Be-
rufung ein unbedingter. Die Berufung hat aber auch weiterhin
den Devolutiveffekt. Das Berufungsgericht hat also über das Sach-
und Streitverhältnis zu erkennen, ohne, sei es in tatsächlicher
sei es in rechtlicher Beziehung, an die Auffassung des Vorderrichters
gebunden zu sein. Die Entscheidung der Sache geht auf das Be-
rufungsgericht über, welches nach vollkommen freiem Ermessen
zu erkennen hat.
Ist die Berufung von einer Partei eingelegt, ohne daß diese
selbst oder die Gegenpartei die mündliche Verhandlung beantragt
hat, und will das Gericht lediglich die frühere Entscheidung be-
stätigen, so kann über die Berufung ohne vorherige mündliche
Verhandlung durch Bescheid entschieden werden, gegen den nur
der Antrag auf mündliche Verhandlung zulässig ist. Dagegen kann
eine Abänderung der durch Berufung angefochtenen Entscheidung
und weiterhin eine Bestätigung des ersten Urteils, welches von
dem Vorsitzenden der ersten Instanz im öffentlichen Interesse an-
gefochten ist, nur nach vorgängiger Anberaumung der mündlichen
Verhandlung stattfinden.
Die Ladung der Parteien zur mündlichen Verhandlung ge-
schieht unter der Verwarnung, daß bei ihrem Ausbleiben nach
Lage der Sache werde entschieden werden. In gleicher Weise er-
Vornhak, Preußisches Staatsrecht II. 2. Aufl. 31