Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 146 Das Beschlußverfahren. 515 
zu. Will der Vorsitzende von dieser Befugnis Gebrauch machen, 
so hat er dies dem Kollegium sofort mitzuteilen. Die Zustellung 
des Beschlusses bleibt in diesem Falle einstweilen, jedoch längstens 
drei Tage ausgesetzt. Sie muß mit der Eröffnung, daß im öffent— 
lichen Interesse die Beschwerde eingelegt sei, erfolgen, widrigen- 
falls die Beschwerde als zurückgenommen gilt. Die Gründe der 
Beschwerde sind den Beteiligten zur schriftlichen Erklärung inner- 
halb zweier Wochen mitzuteilen. Nach Ablauf der Frist werden 
die Verhandlungen der Behörde eingereicht, welcher die Beschluß- 
fassung über die Beschwerde zusteht. Eine vorläufige Vollstreckung 
des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses ist in diesen 
Jällen ausgeschlossen (88 121—123 LV.). 
Neben dieser weiteren Beschwerde, durch welche die in der 
Hauptsache gefaßten Beschlüsse angefochten werden, ist ebenso wie 
im Verwaltungsstreitverfahren noch eine Beschwerde über die 
Leitung des Verfahrens zulässig, über welche die in der Haupt- 
sache zunächst höhere Instanz endgültig beschließt (§ 125 LV.). 
Als außerordentliches Rechtsmittel wegen Rechtsverletzung ist 
endlich noch die Möglichkeit der Ueberleitung des Beschlußver- 
sahrens in das Verwaltungsstreitverfahren gegeben, welche jedoch 
nicht seitens einer Partei, sondern nur durch den Vorsitzenden 
erfolgen kann. Der Oberpräsident kann endgültige Beschlüsse des 
Provinzialrats, der Regierungspräsident endgültige Beschlüsse des 
Bezirksausschusses und der Landrat bezw. der Vorsitzende des Kreis- 
oder Stadtausschusses endgültige Beschlüsse des letzteren mit auf- 
schiebender Wirkung anfechten, wenn die Beschlüsse die Befugnisse 
der Behörde überschreiten oder das bestehende Recht, insbesondere 
auch die von den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit er- 
lassenen Verordnungen verletzen. Die Anfechtung erfolgt mittels 
Klage beim Oberverwaltungsgerichte. Die Behörde, deren Be- 
schluß angefochten wird, ist befugt, zur Wahrnehmung ihrer Rechte 
vor dem Oberverwaltungsgerichte einen besonderen Vertreter zu 
wählen (§ 126 LVG.). Abweichend von dem sonstigen Gebrauche 
der neueren Gesetzgebung findet in diesem Falle keine Bean- 
standung, sondern eine Anfechtung des Beschlusses statt, die Be- 
klagtenrolle im Verwaltungsstreitverfahren hat also nicht der Vor- 
sitzende, sondern die Behörde. 
In dem Beschlußverfahren wird ein Kostenpaunschquantum nicht 
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