Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

8 147 i Der Kompetenzkonflikt. 617 
ihre Handlungen und Unterlassungen der gewöhnlichen zivil= und 
strafrechtlichen Haftbarkeit unterliegen.). 
Aber auch wenn ein schuldhaftes Verhalten nicht stattfindet, 
können die staatlichen Organe, indem sie sich innerhalb der ihnen 
gezogenen Grenzen halten wollen und somit als Behörden tätig 
sind, die Normen über die Zuständigkeit falsch anwenden und 
zwar dadurch, daß sie entweder vor eine andere Behörde gehörige 
Sachen an sich ziehen oder ihnen selbst obliegende Angelegenheiten 
als angeblich vor eine andere Behörde gehörig abweisen. Indem 
die andere in Betracht kommende Behörde die entgegengesetzte 
Rechtsauffassung vertritt, entsteht ein Rechtsstreit zwischen zwei 
Behörden, und zwar spricht man im ersteren Falle von einer 
positiven, im zweiten Falle von einer negativen Kompetenz- 
streitigkeit. Gegenüber derartigen irrigen Rechtsauffassungen einer 
Behörde ist nun ein Mittel gegeben in dem Aufsichtsrechte der über- 
geordneten Behörde. Da die durch die organisatorischen Gesetze 
oder Verordnungen gesetzten Normen über die Zuständigkeit der 
Behörden in das Gebiet des Verwaltungsrechts fallen, so würde 
es sich hier materiell handeln um die Handhabung der Ausfsicht 
gegenüber Verwaltungshandlungen der Behörden durch Verwirk- 
lichung der Verwaltungsrechtsnormen seitens anderer Staats- 
organe. Es würde also eine Verwaltungsgerichtsbarkeit vorliegen 
nur mit der Beschränkung, daß lediglich Fragen der Zuständigkeit 
der Behörden zur rechtlichen Entscheidung kommen. Diese Ver- 
waltungsgerichtsbarkeit wird jedoch nur zum Teil in prozessualischen 
Formen geübt. Es sind nämlich zwei wesentlich von einander ver- 
schiedene Fälle von Rechtsstreitigkeiten über Zuständigkeitsver- 
hältnisse zu unterscheiden, von denen nur der zweite in besonderen. 
prozessualischen Formen erledigt wird. 
Es kann die Zuständigkeit zweifelhaft sein zwischen ver- 
schiedenen Behörden derselben Art. Beispielsweise wird ein Prozeß 
vor dem Gerichte A. eingeleitet, während das Gericht B. zu- 
ständig ist, oder es erklären sich beide Gerichte für zuständig oder 
für unzuständig, während nur eins dieser beiden zuständig sein 
kann oder zuständig sein muß. In diesem Falle sind die erforder- 
lichen Rechtsmittel schon in den Prozeßordnungen gegeben, das 
— — 
1) Vgl. § 92.
	        
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