Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

520 Das Verwaltungsrecht. 8 147 
beider ist unmöglich, da eine solche nicht besteht. Denn die richter— 
lichen Behörden einschließlich der Verwaltungsgerichte sind zwar 
hinsichtlich der Justizverwaltung dem betreffenden Fachminister 
und dadurch mittelbar, das Oberverwaltungsgericht sogar un- 
mittelbar dem Staatsministerium untergeordnet. Hinsichtlich ihrer 
richterlichen Tätigkeit sind sie jedoch vom Ministerium vollständig 
unabhängig und nur den höheren Gerichtsinstanzen nach Maß— 
gabe der Prozeßordnungen unterstellt. Die richterlichen und die 
Verwaltungsbehörden haben also, soweit nicht etwa die Justiz- 
verwaltung in Betracht kommt, keine gemeinsame vorgesetzte Be- 
hörde. Ebensowenig besteht eine solche für die ordentlichen Gerichte 
auf der einen und für die Verwaltungsgerichte auf der anderen 
Seite. 
Streng genommen kann man ähnlich wie beim Kompetenz 
streite auch von einem Kompetenzkonflikte erst dann sprechen, wenn 
miteinander in Widerspruch stehende Beschlüsse der Gerichte und 
der Verwaltungsbehörden über ihre Zuständigkeit im einzelnen 
Falle vorliegen. Vielfach ist jedoch das Konfliktsverfahren schon 
dann gegeben, wenn die eine Behörde sich über ihre Zuständig- 
keit noch gar nicht geäußert hat, sondern nur die Möglichkeit eines 
Konflikts vorliegt, indem die Sache bei ihr anhängig ist. Ins- 
besondere kann in Preußen die Verwaltungsbehörde den Konflikt 
bereits erheben bei bloßer Anhängigkeit der Sache vor dem 
Gerichte. Da das Verfahren in diesem Falle dasselbe ist wie 
bei einem wirklichen Kompetenzkonflikte, nimmt man ungenauer- 
weise auch hier einen Kompetenzkonflikt als vorliegend an, ob- 
gleich dieser Annahme die Tatsachen eigentlich nicht entsprechen. 
Von den beiden möglichen Fällen des Kompetenzkonflikts, 
dem eines ordentlichen Gerichts mit einer Verwaltungsbehörde oder 
einem Verwaltungsgerichte und dem einer Verwaltungsbehörde 
mit einem Verwaltungsgerichte, scheidet der letztere hier aus, da 
er kraft positiver Gesetzesbestimmung seine Erledigung dadurch 
findet, daß die Entscheidung der höchsten Behörde des einen Be- 
hördenorganismus, nämlich die des Oberverwaltungsgerichts, auch 
für den anderen, die Verwaltungsbehörden, bindend iste). Es 
handelt sich also weiterhin nur noch um Kompetenzkonflikte 
— — 
s) Vgl. 8 113 des Landesverwaltungsgesetzes.
	        
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