Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

3 147 Der Kompetenzkonflikt. 521 
zwischen den Verwaltungsbehörden einschließlich der Verwaltungs- 
gerichte auf der einen und den ordentlichen Gerichten auf der 
andern Seite. 
Vom gesetzgeberischen Standpunkte aus sind verschiedene Wege 
-zur Schlichtung des Kompetenzkonfliktes möglich. Man kann die 
Einheit des Staatswillens, die man in dem Behördenorganismus 
micht findet, außerhalb der Verwaltung in der Verfassung, d. h. in 
dem Könige suchen und über jeden Fall eines Kompetenzkonflikts 
den König entscheiden lassen. Dem steht aber entgegen, daß der 
König immer nur auf Rat und unter Verantwortlichkeit seiner 
Minister handelt, in dem Ministerium aber die eine Seite, die 
Rechtsprechung, gar nicht vertreten ist. Derselbe Grund, der einer 
Entscheidung des Kompetenzkonflikts durch das Ministerium im 
Wege steht, verhindert auch eine solche durch den König selbst. 
Dazu kommt, daß verfassungsmäßig die Entscheidung eines 
einzelnen, vor die Gerichte gehörigen Falles durch den König 
ausgeschlossen ist. Der König kann daher durch seine Anordnung auch 
nicht eine gerichtliche Entscheidung überhaupt unmöglich machen. Der 
Gesetzgeber kann aber auch weiterhin die eine Art von Behörden, 
entweder die Verwaltungsbehörden oder die Gerichte, mit Aus- 
schließung der anderen Art endgültig über ihre Zuständig- 
keit entscheiden lassen. Die endgültige Entscheidung durch die 
Verwaltungsbehörden, in Frankreich vor der Revolution unter 
der Bezeichnung Droit d'évocation allgemein gebränuchlich, hat 
in Deutschland nach dem Vorbilde des neueren französischen Rechts 
vielfach in der Weise Eingang gefunden, daß zwar nicht jede 
beliebige untergeordnete Verwaltungsbehörde, aber doch der Staats- 
rat bei Kompetenzkonflikten über die Zulässigkeit des Rechts- 
wegs endgültig entschied. Auf der anderen Seite war von jeher 
die endgültige Entscheidung der Gerichte über die Zuständig- 
keit weit verbreitet und wurde sogar vielfach als gemeines deutsches 
Recht ausgegeben. Eine solche einseitige Entscheidung durch die 
Behörde des einen Behördenorganismus erscheint aber um des- 
willen ungeeignet, weil dann die betreffende Behörde gleichzeitig 
Richter und Partei ist, und sich bei allem Streben nach Un- 
parteilichkeit in der Rechtsprechung jeder Behörde das natur- 
gemäße Streben nach Machterweiterung in einer möglichst aus- 
dehnenden Auslegung der ihre Zuständigkeit bestimmenden Rechts-
	        
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