Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

522 Das Verwaltungsrecht. § 147 
normen zeigt. Dazu kommt, wenn den ordentlichen Gerichten die 
Entscheidung anvertraut ist, die Gefahr, daß sie die staatsrecht- 
lichen Gesichtspunkte nicht gehörig berücksichtigen, sondern ihren 
privatrechtlichen Anschauungen unterordnen. Endlich ist auch noch 
die Bestellung einer besonderen Behörde zur Entscheidung der 
Kompetenzkonflikte möglich. 
Die preußische Gesetzgebung über die Kompetenzkonflikte be- 
ginnt bald nach der Zeit, in der überhaupt eine scharfe Trennung 
der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden 
erfolgt war. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts half man 
sich bei der mangelhaften Ressortabgrenzung zwischen Gerichten 
und Verwaltungsbehörden mit Ermahnungen an sie zur Fried 
fertigkeit und in Ermangelung einer Einigung damit, daß 
man die Streitfrage vor den König brachte, der dann eine Kabinetts- 
ordre gleichzeitig zur Entscheidung des vorliegenden und als Norm 
für künftige Fälle erließ. Nachdem jedoch durch das Ressort- 
reglement vom 19. Juni 1749 eine erschöpfende Regelung der 
Zuständigkeitsverhältnisse auf Grund allgemeiner Grundsätze er- 
folgt war, erschien dieses Eingreifen des Königs durch Reskripte, 
die gleichzeitig Urteile und Rechtsnormen waren, nicht mehr durch- 
führbar. Es wurde daher schon am 27. April 1750 angeordnet, 
daß für den Fall von Kompetenzkonflikten sowohl das General= 
direktorium wie das Jnstizministerium „ein geschicktes cordates 
und nicht praecccupirtes subjectum“ vorschlagen sollten, die zu- 
sammen die Kompetenzkonflikte zu untersuchen und, falls sie sich 
über die Entscheidung nicht einigen könnten, an den König un- 
mittelbar zu berichten hätten. Die Mitglieder dieser Kommission 
wurden aber sehr bald vermehrt, und am 10. Februar 1756 er- 
hielt diese sogenannte Jurisdiktionskommission eine besondere In- 
struktion als Kompetenzgerichtshof'). Die Jurisdiktionskommission 
hatte den Charakter eines selbständigen Gerichtshofs, doch war 
damit nach den Grundsätzen des damaligen preußischen Staats- 
rechts ein Eingreifen des Königs in die Entscheidung des einzelnen 
Rechtsfalls nicht ausgeschlossen. 
Bei der neuen Organisation der Behörden im Jahre 1808. 
siel dieser Kompetenzgerichtshof fort. Dadurch entstand eine Lücke. 
!) N. C. C. II, Suppl, Nr. 10.
	        
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