§ 147 « Der Kompetenzkonflikt. 525.
Gewalten, die richterliche Gewalt sollte sich unter keinen Um-
ständen in die Verwaltung einmischenu). Da diese ganze Auf-
fassung aber bei ihrer Anwendung auf das Verhältnis zwischen
IJustiz und Verwaltung aus einem Mißtrauen gegen die politische
Zuverlässigkeit der Gerichte hervorgegangen war, so wurden bei.
Entscheidung von Konflikten zwischen Justiz und Verwaltung trotz.
des eine gleiche Behandlung beider Behördenorganisationen er-
fordernden Grundsatzes die Gerichte durchaus ungünstiger gestellt
als die Verwaltungsbehörden. Es wurde demgemäß zwar den
letzteren die Befugnis erteilt, durch Erhebung des Konflikts, über
den der Staatsrat zu entscheiden hatte, einen Rechtsstreit den
ordentlichen Gerichten zu entziehen. Dagegen stand die entgegen-
gesetzte Befugnis den ordentlichen Gerichten nicht zus). Nur in
Strafsachen war die Konfliktserhebung ausgeschlossen. Bei der
Abhängigkeit der französischen Verwaltungsbehörden und Ver-
waltungsgerichte vom Ministerium kam die Erhebung des Kom-
petenzkonflikts der Rechtsverweigerung in vielen Fällen ziemlich
gleich:s).
Indem man diesen französischen Rechtszustand einfach auf
Deutschland übertrug, verkannte man, daß er auf in Deutsch-
land nicht vorhandenen staatsrechtlichen Voraussetzungen, ins-
besondere auf der Teilung der Gewalten, beruhe. Nur aus der
Tatsache, daß man einfach französische Einrichtungen übernahm,
erklären sich aber verschiedene Eigentümlichkeiten, welche namentlich
die preußische Gesetzgebung über die Kompetenzkonflikte bis in
die neueste Zeit bewahrt hat. Trotz erheblicher Mängel in ver-
–.
)) Gesetz vom 16.)/20. August 1790, Tit. 2, Art. 13: „Les fonctions.
judiclaires sont distinctes et demeurent toujours séparées des fonctions
administratives; les juges ne pourront, à peine de forkaiture, troubler,
de qduelque manière due ce soit les opérations des corps administratifs,
ni citer devant eux les administrateurs pour raison de leurs fonctions.“
Igl. auch die Erörterungen über die französische Verwaltungsgerichtsbarkeit
überhaupt in § 137, mit der das Kompetenzverfahren wegen des gemeinsamen
Grundprinzips der Teilung der Gewalten im engsten Zusammenhange steht.
12) Vg. Reglement pour Torganisation du conseil d’état vom 5
nivose VIII, art. 11, avis du conseil d’état vom 22. Januar 1813 und.
ordonnance vom 1. Juni 1828.
13) Dies wird mit Recht hervorgehoben von Seydel, Bayr. St.,
Bd. 2, S. 532.