Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

g 93 Das Disziplinarverfahren. 69 
strafe erkannt werden kann (8 13 des Ges. vom 7. Mai 1851, 
§ 23 des Ges. vom 9. April 1879). 
Die eigentlichen Disziplinarstrafen, Warnung, Verweis, der mit 
Geldstrafe von höchstens einmonatlichem Diensteinkommen ver- 
bunden werden kann, Strafversetzungs) und Dienstentlassung 
können dagegen nur in förmlichem Disziplinarverfahren verhängt 
werden. Die Einleitung erfolgt auf Antrag der Staatsanwaltschaft 
oder nach deren Anhörung von Amtswegen durch Beschluß des 
Disziplinargerichtes. Das Verfahren entspricht dem für nicht- 
richterliche Beamte. Doch findet gegen rechtskräftige Urteile die 
Wiederaufnahme des Verfahrens (Restitution) nach den Vorschriften 
des Strafprozesses statt (8 43 des Ges. vom 7. Mai 1851). 
Disziplinargerichte für richterliche Beamte sind: a) der bei 
dem Kammergerichte zu Berlin gebildete große Disziplinarsenat 
für die Oberlandesgerichtspräsidenten und Senatspräsidenten, sowie 
als Berufungsgericht gegen die Entscheidungen der zu b genannten 
Disziplinarsenate; b) die bei sämtlichen Oberlandesgerichten ge- 
bildeten Disziplinarsenate für alle übrigen richterlichen Beamten. 
Die Disziplinarsenate der Oberlandesgerichte bestehen aus dem 
Oberlandesgerichtspräsidenten als Vorsitzenden oder in seiner Ver- 
tretung dem ältesten Senatspräsidenten und sechs Mitgliedern, 
zu denen stets der nach dem Vorsitzenden nächstälteste Präsident 
des Oberlandesgerichts gehört. In Berlin ist jedoch der Kammer- 
gerichtspräsident nicht Vorsitzender des Disziplinarsenats, sondern 
der älteste oder in dessen Vertretung der zweitälteste Senats- 
präsident, während im übrigen die Bildung des Senats dieselbe 
ist wie bei anderen Oberlandesgerichten. Der große Disziplinar- 
senat beim Kammergerichte besteht aus fünfzehn Mitgliedern, unter 
denen sich der Präsident und fünf Senatspräsidenten befinden. 
Die Bildung sämtlicher Disziplinarsenate erfolgt vor Beginn des 
Geschäftsjahres in derselben Weise wie die der übrigen Senate des 
Oberlandesgerichtes (Ges. vom 9. April 1879). 
Die Mitglieder des Oberverwaltungsgerichtes und des Kom- 
petenzgerichtshofes unterliegen einem Disziplinarverfahren über- 
haupt nicht. Nur bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer 
19) Statt der Verminderung des Dienstelnkommens kann hierbei eine 
Geldbuße bis zu einem Drittel des Jahreseinkommens ausgesprochen 
werden. Die Geldbuße ist also bei richterlichen Beamten stets Neben- 
strafe. Vgl. v. Rheinbaben, Disziplinargesetze S. 459. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.