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II. Einstweilige Versetzung in den Ruhestand
(Stellung zur Disposition) ist die Entziehung des von
dem Beamten bisher bekleideten Amtes ohne Uebertragung eines
neuen, sondern gegen die bloße Aussicht, künftig ein neues Amt
zu erhalten. Der Beamte ist also vorläufig ohne Amt, er hat
die allgemeinen Dienstpflichten des Beamten, aber keine Amts-
pflichten. Der Beamte führt in diesem Falle seinen letzten Amts-
titel mit einem entsprechenden Zusatze (z. D.) und erhält statt
des Gehaltes Wartegeld. Wegen Verletzung der allgemeinen Dienst-
pflichten unterliegt er dem Disziplinarrechte.
Die einstweilige Versetzung in den Ruhestand findet in zwei
Fällen statt, einmal bei großen Reorganisationen, bei denen Be-
Wmte vorläufig überflüssig werden, und dann hinsichtlich der so-
genannten politischen Beamten, bei denen eine fortdauernde politische
Uebereinstimmung mit derjenigen des Ministeriums erfordert wird,
weil sie die Regierungspolitik positiv zu unterstützen haben. Der
erste Fall konnte schon unter der absoluten Monarchie vorkommen,
der zweite ist ein Ergebnis des Konstitutionalismus.
a) Dem älteren preußischen Staatsrechte war die Maßregel
auch für den ersten Fall vollständig fremd, da man überflüssig
werdende Beamte schonungslos entließs). Selbst das ALR. schweigt
sich noch darüber aus. Erst die Kabinettsordre vom 31. August
1824 bestimmte, daß überflüssig werdende Beamte, die sich nicht
als dienstunfähig zur Pensionierung eigneten, an ihrem Ein-
kommen nichts verlieren, sondern mit ihrem vollen Gehalte bis
Wiederanstellung in einer etatsmäßigen Stelle auf den Aussterbe-
etat gebracht und auf eine ihrer bisherigen Anstellung angemessene
Artt beschäftigt werden sollten.).
Eine neue Regelung fand statt durch die Verordnungen vom
14. Juni und 24. Oktober 18485), welche durch § 1 Nr. 4 der
Verordnung vom 23. September 18676) auch auf die neuen
Provinzen übertragen wurden. Die Verordnung vom 14. Juni
1848 gewährte den bereits zur Disposition gestellten oder mit
Rücksicht auf die beabsichtigte Umbildung der Staatsbehörden ferner-
3) Vgl. 8 87 die Beispiele.
4) Motive der Gesetzrevision Pens. XII, S. 68.
5) GS. 1848, S. 153, 338.
6) GS. 1867, S. 1619.