Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

104 Das Verwallungsrecht. 8161 
Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beruht im Gegensatze 
zum früheren Rechte auf dem Grundsatze der sogenannten freien 
Advokatur, d. h. jede an sich befähigte Person muß bei jedem 
Gerichte als Rechtsanwalt zugelassen werden ohne Rücksicht darauf, 
wie viele Rechtsanwälte in dem betreffenden Bezirke bereits vor- 
handen sind. Unbedingte Voraussetzung der Zulassung ist die Fähig- 
keit zum Richteramte, und zwar in dem Bundesstaate, in dem die 
Befähigung zum Richteramte erworben ist, was jedoch die Zu- 
lassung in einem anderen Bundesstaate nicht ausschließt. Ueber 
den Antrag auf Zulassung entscheidet die Landesjustizverwaltung 
nach Anhörung des Vorstandes der Anwaltskammer. Der Antrag 
muß unter gewissen gesetzlich bestimmten Umständen und kann 
aus gewissen anderen Gründen abgelehnt werden. Sofern 
dagegen keiner dieser Fälle vorliegt, ist dem Antrage stattzugeben. 
Die Zulassung erfolgt bei einem bestimmten Gerichte, nur aus- 
nahmsweise unter besonderen Verhältnissen kann sie bei mehreren 
Gerichten gleichzeitig geschehen. Die Versagung der Zulassung, 
welche stets zu begründen ist, kann nur dann, wenn die Versagung 
sich auf gewisse von der Anwaltskammer geltend gemachte Tat- 
sachen stützt, in der Weise angefochten werden, daß über diese 
Tatsachen eine Entscheidung im ehrengerichtlichen Verfahren be 
antragt wird. Der Rechtsanwalt, welcher in der Regel seinen 
Wohnsitz am Orte des Gerichts nehmen muß, wird bei der ersten 
Zulassung in öffentlicher Gerichtssitzung vereidigt und hierauf, 
gegebenenfalls auch bei der neuen Zulassung in die Liste der bei 
jedem Gerichte zugelassenen Rechtsanwälte eingetragen. Mit dieser 
Eintragung beginnt die Befugnis zur Ausübung der Rechtsanwalt 
schaft. Die Zulassung kann oder muß unter gewissen gesetzlich 
festgestellten Bedingungen nach Anhörung des Vorstandes der An- 
waltskammer von der Landesjustizverwaltung zurückgenommen 
werden. In diesen Fällen, sowie dann, wenn der Rechtsanwalt 
stirbt, seine Praxis aufgibt oder infolge Urteils die Befähigung 
verliert, muß die Löschung in der Liste erfolgen. Die Vertretung 
–4 
Verordnung vom 25. Juni 1879 — GS. 1879, S. 387 — und die all- 
gemeine Verfügung vom 28. Juni 1879 — JMl. 1879, S. 151. Bearb. 
der NA„O. von -ydom, 5. Aufl., Berlin 1997: Friedländet 
München 1908.
	        
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