Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

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134 Das Verwaltungsrecht. 6 165 
Preßrecht, Handels= und Gewerberecht usw. So wechseln in bunter 
Reihenfolge miteinander ab Bestimmungen über Zinsfuß, gartende 
Knechte, Ausfuhr von Wolle, Juden, Zigeuner, Handwerksburschen, 
wucherliche Verträge, Judenhandel, Gotteslästerung, Fluchen, 
Völlerei, Zutrinken, Luxuspolizei, Ehebruch, Handwerksmißbräuche, 
Advokatenpraxis usw. Auf die erste im Jahre 1530 erlassenc 
Reichspolizeiordnung folgten die von 1548 und 1570. Die reichs- 
rechtlichen Bestimmungen wurden dann im einzelnen durchgeführt 
und erweitert durch die Landespolizeiordnungen oder Landesord“ 
nungen der verschiedenen Gebiete, welche sich ebenfalls über alle 
möglichen Gegenstände des staatlichen Lebens verbreiteten. Der 
Westfälische Friedensvertrag stellte zwar eine Nachprüfung der 
Polizeiordnung im alten Sinne in Aussichts), bei der Machtlosigkeit 
des Reiches kam es zu einer solchen nicht mehr, sondern das Reich 
regelte bloß noch einzelne Gegenstände, wie Handwerksmißbräuche, 
Münzwesen und dergleichen. 
In der zweiten Hälte des 17. Jahrhunderts erfährt nun aber 
der Begriff der Polizei eine bedeutende Einschränkung. Die kirch- 
lichen Angelegenheiten waren von jeher nicht zur Polizei gerechnet 
worden, auch da nicht, wo wie in den protestantischen Gebietem 
der Staat die gesamte kirchliche Verwaltung übernommen hatte. 
Seit dem Westfälischen Frieden entwickeln sich aber in den deutschen 
Ländern zwei neue Verwaltungszweige, die man ebenfalls nicht 
zur Polizei rechnete, die auswärtige Verwaltung und das Heer“ 
wesen. Beide waren wesentlich verschieden von der übrigen Ver 
waltung des Gebietes. Sie paßten zunächst nicht hinein in das 
ständische System. Es sind diejenigen beiden Verwaltungszweigé, 
die zuerst der absoluten Gewalt des Landesherren anheimfallen 
mußten, auf denen daher in Brandenburg-Preußen sich zuerst eine 
Realnnion der einzelnen Gebiete vollziehen konnte. Auswärtigé 
Politik und Heerwesen in engster Verbindung bilden die ersten 
Grundlagen des modernen Staates. Der ganzen bestehenden 
Staats= und Gesellschaftsordnung war die auswärtige Politik des 
Fürsten und das geworbene Heer etwas Fremdartiges, und es hat 
der Entwicklung vieler Menschenalter bedurft, um sie in die staat- 
liche Verwaltung organisch einzufügen. Dieses Gegensatzes war 
) J. P.O. A. VIII § 3: „In proximis comitiis de reformatione politize 
ex communi statuum consensu agatur ei constituatur.“
	        
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