8165 Geschichtliche Entwicklung der Polizei. 135
man sich auch im 17. Jahrhundert völlig bewußt, und nichts zeigt
dieses Bewußtsein klarer, als daß man die neuen Zweige der
auswärtigen Verwaltung und des Heerwesens gleich der kirchlichen
Verwaltung nicht mit unter dem Begriffe der Polizei zusammenfaßte.
Etwas später gelangte man zu der Ueberzeugung, daß auch die
Justiz nach Form und Inhalt sich von den anderen Staatsaufgaben
wesentlich unterscheide, und so stellt man denn Justiz und Polizei
einander gegenüber, wie wir jetzt in ähnlicher Weise von Justiz
und Verwaltung sprechen.
Der letzte Schritt in dieser Scheidung der staatlichen Tätigkeit
geschieht endlich unter Friedrich Wilhelm I. durch die Ausbildung
der Kameralwissenschaften. Das offen ausgesprochene Ziel der Ver-
waltung wird unter Friedrich Wilhelm I. die Erzielung möglichst
hoher Einnahmen zur Unterhaltung und Vermehrung des Heeres,
und diesem Ziele sollte die ganze übrige Verwaltung dienen. Die
Finanzwirtschaft tritt also durchaus in den Vordergrund und wird
auch in der Wissenschaft besonders behandelt. Man unterscheidet jetzt
zwischen einer Kameral= und einer Polizeiwissenschaft. Allerdings
stehen beide Verwaltungszweige miteinander noch in engster Ver-
bindung, sie verhalten sich zueinander wie Mittel und Zweck, Auf-
gabe der Polizei ist die Erhöhung und Sicherung der Steuerfähigkeit,
Aufgabe der Finanzverwaltung die unmittelbare Erzielung mög-
lichst hoher Einnahmen. Die Wissenschaft jener Zeit drückt die
Verschiedenheit beider Verwaltungszweige beim Fortbestehen ihrer
engsten Verbindung untereinander treffend dahin aus, der Polizei-
verständige müsse säen, damit der Kameralist seinerzeit ernten könne.
Damit ist die Unterscheidung derjenigen Verwaltungsgebiete
gegeben, die wir noch heute zugrunde legen. Man hat die Gebiete
des Auswärtigen, des Kriegswesens, der Justiz, der Polizei, der
Finanzen und der Kirche. Aus der Entwicklung des Begriffs
der Polizei, der anfangs die staatliche Tätigkeit überhaupt be-
zeichnet, und von dem dann einzelne Gebiete ausgesondert werden,
erklärt es sich, daß dieser Begriff in erschöpfender Weise sich nur
negativ bestimmen läßt. Es ist unter der Polizei diejenige staat-
liche Tätigkeit zu verstehen, welche weder in das Gebiet des Aus-
wärtigen, noch des Kriegswesens, der Justiz, der Finanzen oder
der Kirche fällt.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts kommt man jedoch zu der